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Psychiaterin mit Herz für Mensch und Tier

Von Von Ulrike Griessl (Text) und Daniela Rabeder (Fotos), 19. Oktober 2017, 00:04 Uhr
Bild 1 von 10
Bildergalerie Mit Heidi Kastner auf dem Freinberg
Bild: Rabeder

LINZ. "Nichts ist so spannend, wie die Beweggründe des menschlichen Handelns zu hinterfragen", sagt Österreichs bekannteste psychiatrische Forensikerin Heidi Kastner.

Als Forensikerin und Gerichtspsychiaterin hat Heidi Kastner seit Jahrzehnten tagtäglich mit den Abgründen der menschlichen Seele zu tun. Dennoch hat sie den Glauben an das Gute im Menschen nicht verloren. Sie ist davon überzeugt: "Nicht jeder, der Schlimmes getan hat, ist ausschließlich schlecht, genauso wie Personen ohne kriminelle Vergangenheit nicht nur gut sind."

Aber auch Tiere haben es der 55-jährigen Linzerin angetan. So spielten Hunde in ihrem gesamten Erwachsenenleben eine wichtige Rolle. Seit einigen Jahren hält Kastner zudem Hühner. Ihr großer Traum ist ein Bauernhof mit vielen Tieren – vom Esel bis zum Schaf.

 

  1. Auf Ihren Wunsch hin spazieren wir auf dem Planetenweg am Linzer Freinberg. Warum haben Sie diesen Weg ausgesucht?

    Ich bin in dieser Gegend aufgewachsen. Als ich ein Kind war, haben wir hier oft Sonntagsspaziergänge unternommen – die ich damals nicht sehr geschätzt habe, weil sie für mich eher langweilig waren. Aber heute spaziere ich sehr gern mit meiner Hündin Mara in diesem Park – zum einen, weil sie hier frei laufen darf, und zum anderen, weil ich das Arboretum (Baumbestand, Anm. d. Red.) so schön finde.
  2. Welcher Rasse gehört Mara an? So einen Hund sieht man selten in Österreich.

    Die Rasse heißt Cane Corso Italiano. Ich habe sie, wie alle meine bisherigen Hunde, aus dem Tierheim. Als mir Mara damals als Welpe entgegenlief, wusste ich sofort: Das ist mein Hund. Die Rasse war mir völlig egal. Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick.
  3. Mittlerweile ist Mara ein imposanter Hund. Hat sie auch eine Schutzfunktion für Sie?

    Von der Rasse her ist sie ein Wachhund, und sie würde diese Funktion im Ernstfall auch erfüllen. Aber bisher war das noch nie nötig. Noch wichtiger ist mir jedoch ihr fröhliches Wesen. Sie ist völlig unbedarft, angstfrei und freundlich.
  4. In Bezug auf Menschen heißt es ja immer: Wie der Herr, so ’s G’scherr. Können Sie Ähnlichkeiten zwischen Ihnen und Mara erkennen?

    Vielleicht bin ich durch Mara etwas gelassener geworden. Aber es könnte auch sein, dass diese Gelassenheit mit dem Alter und der Lebenserfahrung gekommen ist. Ich weiß es nicht.
  5. Neben Mara halten Sie auch Hühner. Wie kam es dazu?


    Hühner sind interessante Tiere mit tollem Sozialverhalten, außerdem sind sie intelligent.
  6. Werden Ihre Hühner eines Tages im Suppentopf landen?


    Sicher nicht. Ich esse ausschließlich die Eier meiner Hühner. Davon habe ich so viele, dass ich sogar Freunde und Verwandte damit versorgen kann.
  7. Kommen wir zu Ihrem Beruf. Als Psychiaterin einem Mörder gegenüberzusitzen, stellt sich der Laie angsteinflößend vor. Wie geht es Ihnen dabei?

    Diese Situation stellen sich die Leute bedrohlicher vor, als sie ist. In Wahrheit ist dem Menschen, der mir gegenübersitzt, klar, worum es geht. Er hat daher kein Interesse, sich von seiner negativen Seite zu zeigen. Außerdem habe ich zu dieser Person keine problembehaftete Beziehung, deshalb hegt sie auch mir gegenüber keine Aggressionen. Man darf nicht vergessen, dass die allermeisten brutalen Delikte im familiären Umfeld geschehen. Die Furcht vieler Menschen vor dem schwarzen Mann, der einen scheinbar grundlos überfällt, entspricht ja nicht der Realität.
  8. Ertappen Sie sich manchmal dabei, dass Sie Menschen aus Ihrem privaten Umfeld analysieren?

    Nein, das tue ich nicht. Ich unterscheide Beruf und Privates genau. Aber ich finde es lustig, dass das viele glauben. Von einem Maurer erwartet man ja auch nicht, dass er jedem im Bekanntenkreis eine Mauer aufstellt, nur weil das sein Beruf ist.
  9. Sie haben in vielen aufsehenerregenden Kriminalfällen, wie etwa im Fall Fritzl, psychiatrische Gutachten erstellt. Gibt es noch etwas, das Sie überrascht?

    Aber natürlich. Es gibt immer wieder Grausamkeiten, bei denen man sich denkt, das ist ja unfassbar. Aber die Intensität der Aufregung ist heute nicht mehr so groß wie früher. Was ich immer noch sehr schlecht aushalte, ist, wenn Menschen so gar kein Gefühl für andere haben. Das kommt übrigens nicht nur bei Tätern vor, sondern oft auch in deren Umfeld.
  10. Üben Sie Ihren Beruf noch immer gern aus?


    Ja, auf jeden Fall. Menschen und die Beweggründe ihres Handelns zu hinterfragen, ist für mich nach wie vor eine unglaublich faszinierende Aufgabe.
  11. Was halten Sie von US-Präsident Donald Trump, dem ja viele nachsagen, er sei "wahnsinnig"?

    Seine Art, sich zu verhalten, finde ich natürlich problematisch, bisweilen sogar bedrohlich. Man weiß bei ihm nie, ob er heikle Situationen weiter eskalieren lässt. Ich kann von der Entfernung aber schwer einschätzen, ob sein Verhalten Taktieren ist oder einer genuinen (angeborenen, Anm. d. Red.) Verhaltenskreativität entspringt. Vorgeworfen wird ihm von Narzissmus bis zur Demenz alles, aber ich hüte mich davor, irgendwelche diagnostischen Äußerungen zu treffen.
  12. Sie haben bisher vier Bücher geschrieben. Ist die Schriftstellerei eine Passion von Ihnen?

    Ja, ich habe meine Gedanken schon immer gern zu Papier gebracht und zur Diskussion gestellt.
  13. Ihr Buch "Tatort Trennung", das Sie im Vorjahr herausgebracht haben, hat viel Aufsehen erregt. Ist ein weiteres geplant?

    Ideen gibt es genügend, mehr kann ich derzeit nicht dazu sagen. Es ist aber anzunehmen, dass "Tatort Trennung" nicht mein letztes Buch war.

 

Video: Mit Heidi Kastner auf dem Freinberg

Heidi Kastner

Kastner ist gebürtige Linzerin. Medizin zu studieren, war ein Kindheitstraum der heute 55-Jährigen. "Dass schließlich die Forensik mein Fachgebiet wurde, war jedoch ein Zufall", sagt Kastner. Eigentlich wäre sie lieber Gerichtsmedizinerin geworden. Dies scheiterte aber am Mangel an Ausbildungsplätzen. So verschlug es Kastner in die Forensik. 1998 begann ihre berufliche Karriere in diesem Fach in der Justizanstalt Garsten.

Bekannt wurde Kastner durch ihre Gutachtertätigkeit bei spektakulären Fällen wie etwa dem Fall Fritzl 2009.
Heute ist sie Primaria der Forensischen Psychiatrie am Neuromed Campus Linz.

Große Aufmerksamkeit erregte die Linzerin auch mit ihren vier Büchern. Das vorläufig letzte kam 2016 heraus und trägt den Titel "Tatort Trennung", Verlag Kremayr & Scheriau.

Die Route

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Planetenweg Freinberg

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Der Planentenweg
 

  • Der Planetenweg am Linzer Freinberg beginnt an der Kreuzung von Leondingerstraße, Ziegeleistraße und Sternwarte. Er führt über den Maximilianweg zum Parkplatz am Freinberg unweit des Freinberg-Senders. Nähere Informationen: www.sternwarte.at/planetenweg
  • Ideal verbinden lässt sich ein Spaziergang auf dem Planetenweg mit einem Besuch des Linzer Botanischen Gartens. 
  • Stärken kann man sich nach dem Spaziergang im Wienerwald oder im Café des Botanischen Gartens.
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6  Kommentare
6  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
essbesteck (6.034 Kommentare)
am 19.10.2017 18:09

@haspe1
wie ich weiss, die grosse fälle werden tatsächlich nur ein handvoll EXPERTEN bearbeitet. heisst im klartext, die namen wie kastner, roßmanith, haller, welche du anlässlich aufsehenerregende fälle hörst und liest sind EXPERTEN.
es gibt aber auch andere, kleinere, aber nicht desto abscheulichere fälle, wo auch andere gutachter zum zug kommen.

weitere bücher von frau kastner in meinem regal:
schuldhaft und wut

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 19.10.2017 09:13

"dass" sollte es heissen.

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 19.10.2017 09:13

Bemerkenswert ist, das Gerichtsgutachten für diverse Gewalttaten nur von ganz wenigen Sachverständigen angefertigt werden, z.B. von Heidi Kastner, was dazu führt, dass einige wenige Sachverständige fast die ganze Deutungshoheit über derlei Gewalttaten innehaben, was zu einer gewissen Einseitigkeit führen kann und dazu, dass solche Gutachten oft sehr lange brauchen, weil ganz wenige Personen sehr viele davon verfassen. Auch die Gutachten von Heidi Kastner dauren manchmal viele Monaten lang, was sie selbst aber wahrscheinlich weniger stört, denn sie hat ja eine gewisse Gelassenheit, manche Gerichtsprozesse aber sehr verzögert...

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deskaisersneuekleider (4.150 Kommentare)
am 19.10.2017 09:28

Gutachten mit derart weitreichenden Entscheidungen (z.B. Einweisung in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher) kann man halt nicht "runternudeln". Ich finde es höchst verantwortungsvoll hier die Betroffenen über einen längeren Zeitraum zu befragen/begutachten und eine möglichst richtige Expertise und Zukunftsprognose abzugeben. In den Kopf einen Menschen hineinzuschauen ist halt etwas anspruchsvoller als ein Auto auf etwaige Mängel zu befunden...

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 19.10.2017 09:33

@deskaisersneuekleider: Das ist eh klar und das meine ich nicht. Viele solcher Gutachten dauern nicht nur in der Befragungs-Phase der TäterIn lange, sondern auch danach bei der Verfassung, wenn schon alle Daten, Fakten, Interviews, Untersuchungen etc. erfolgt sind.

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 19.10.2017 09:36

Zudem scheinen Gerichte so gut wie keine Qualitätskontrolle für Gutachten und Gutachter zu haben (damit meine ich hier nicht Heide Kastner und ihr Thema sondern ganz generell). Wie wäre es sonst zu erklären, dass im Fall des Salzburger Gutachters für das Sorgerecht für Kinder nach Scheidungen mehr oder weniger das gleiche Gutachten in dutzenden oder gar hundert Fällen nur leicht adaptiert immer wieder verwendet werden konnte, ohne dass irgend eine Kontrollinstanz das bemerkt hätte oder eingeschritten ist.

Viele Gerichts-Klienten sind einigen wenigen Gutachtern oft auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Wenn diese gut sind, haben sie Glück, wenn diese schlecht sind, haben sie Pech. Die Richter verlassen sich auf solche Gutachten auch oft, ohne, dass sie ihr eigenes Gehirn zu sehr anstrengen....

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