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"Es ist Teil der Therapie, offen darüber zu reden"

Von Susanne Dickstein, 12. Oktober 2017, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Mit Rainer Reichl auf den Freinberg
Bild: VOLKER WEIHBOLD

LINZ. Der Linzer Werber Rainer Reichl hat die größte Agenturgruppe Österreichs mit Büros in Wien, München und Zürich aufgebaut. Vor einem Jahr erkrankte er an Krebs. Ein Thema, bei dem es für ihn keine Tabus gibt.

Es ist seine Joggingstrecke, die wir als Einstieg für die Wanderung mit Rainer Reichl gewählt haben. Start ist am Römerberg, von dort geht es über die Franz-Josefs-Warte am Freinberg in Richtung Leonding. Der vor Energie sprühende Werbeunternehmer muss mit seinen Kräften haushalten, weil er eine hartnäckige Krebserkrankung noch nicht ganz überwunden hat. Seit der Diagnose vor einem Jahr ist er mit dem Thema offen umgegangen. Ein Gespräch über Erfolg, Geld und die Dinge, die im Leben wirklich zählen.

 

Sie haben die größte Werbeagentur Oberösterreichs aufgebaut. Wie wurden Sie Werber?

Das Handwerk habe ich Mitte der 1980er Jahre nach meinem Studium an der JKU in Wien erlernt. Hans Jörg Schelling, damals Marketingleiter bei Kika-Leiner, hat bei meinem Uni-Professor Ernest Kulhavy angerufen, seine Agentur suche einen jungen Berater. So bin ich zu Demner & Merlicek gekommen und drei Jahre geblieben. Das hat mir so getaugt, dass meine Frau und ich uns auf 12 Quadratmetern Bürofläche selbstständig gemacht haben. Als die ersten Apple-Computer auf den Markt gekommen sind, haben wir uns so ein Ding gekauft. Das hat damals ein Vermögen gekostet – 240.000 Schilling. Wir mussten einen Kredit dafür aufnehmen. Aber wir haben rasch gesehen, welches Potential dahintersteckt. Einer der ersten Kunden war Dietmar Eybl, dem wir eine Kundendatenbank aufgebaut haben. Wenn man so will, haben wir mit unserer Agentur damals antizipiert, dass die Zukunft digitale Chancen bietet. Dieser digitale Fortschritt hat uns einen Wettbewerbsvorteil verschafft.

Ihre Werbeagentur hat heute 170 Mitarbeiter. War es von Anfang an das Ziel, so groß zu werden?

Ich wollte nur eine klassische Agentur haben. Aber was man gerne tut, bringt Erfolg. So ist der Weg im Gehen entstanden. Meine Frau ist die, die auf die Finanzen schaut. Mir bedeutet Geld nichts. Wir kommen beide nicht aus begüterten Verhältnissen. Als wir studiert haben, hatten wir nichts und waren glücklich. Ich glaube, ich bin jetzt nicht glücklicher als damals. Wir hatten einander, und das hat gepasst. Ich habe in den vergangenen Jahren viele Firmengründer kennengelernt: Diejenigen, die nur aus ökonomischen Gründen eine Firma gegründet haben, sind nie erfolgreich geworden.

Viele Mitarbeiter aus den ersten Tagen sind heute noch dabei.

Ja, und zwar sowohl im kaufmännischen Bereich als auch in der Beratung, Mediaplanung und im Kreativbereich. Sie sind in den ersten fünf Jahren dazugekommen. Wir hatten nie freie Mitarbeiter, das gefällt mir nicht. Wir investieren in Weiterbildung, sind viel unterwegs, nehmen Anleihe bei internationalen Agenturen. Mit 170 Mitarbeitern sind wir groß genug, um für Konzerne, und klein genug, um für Start-ups zu arbeiten. In Oberösterreich wurden wir lange angefeindet, in Wien sind wir unter dem Radar geflogen.

Und dann am Zenit Ihres Schaffens kam der 16. Juni 2016: Der Tag, an dem Sie die Krebsdiagnose erhalten haben.

Zwei Tage vor der Matura meines Sohnes Matthias. Ich habe gespürt, dass mit meinem Körper etwas nicht passt. Bei der Vorsorgeuntersuchung wurden ein 18 Zentimeter großer Tumor im Dickdarm und zehn Metastasen in der Leber entdeckt. Wir mussten zuerst den Tumor kleiner machen, um ihn operieren zu können. Dann wurde mir die halbe Leber entfernt. Sechs Tage nach der Leberoperation bin ich mit meiner Frau dreieinhalb Kilometer durch Salzburg spaziert, weil ich wusste, dass mich Bewegung am Leben hält.

Welche Rolle spielt Bewegung in Ihrem Leben?

Mittlerweile eine sehr große. Ich weiß, dass regelmäßige Bewegung im Kampf gegen den Krebs enorm wichtig ist. Ich spaziere, wandere, laufe, schwimme und sehe in jedem Stiegenhaus ein Fitnessstudio. Während der Bewegung kann ich herrlich meditieren. Das stärkt meine Selbstheilungskräfte. Und wahrscheinlich habe ich auch deshalb so viel überstanden und somit die Gewissheit, dass ich wieder ganz gesund werde.

Sie sind von Anfang an sehr offen mit Ihrer Erkrankung umgegangen.

Ich hatte keine andere Chance, spätestens als mir Haare ausgegangen waren und ich 25 Kilo verloren hatte, hätte es jeder gemerkt. Für mich ist es auch ein Teil der Therapie, offen darüber zu reden. Es ist mir jetzt auch keiner böse, wenn ich ab und zu einen Mittagsschlaf im Büro mache, weil ich ihn brauche. Ich hatte kürzlich Untersuchungen und muss noch einmal eine leichte Chemotherapie und einen einfacheren Eingriff machen. Aber alles kein Vergleich zu dem, was ich hinter mir habe. Ich habe einen Körper, der zäh ist, und Optimismus habe ich auch.

In einem eigentümergeführten Unternehmen wie dem Ihren ist alles stark auf den Chef ausgerichtet, wie hat das funktioniert?

Ich habe mich im Juni 2016 von heute auf morgen von der Firma verabschiedet und ein 25-köpfiges Führungsteam gebildet. Das Team gibt mir die Sicherheit, dass die Firma nicht von mir abhängig ist. Ich selbst habe elf Monate Genesungsurlaub genommen – das Wort Krankenstand mag ich nicht. Ich habe meine Erfahrungen gesammelt und daraus die Website "thinkfurther.com" gestartet. Da kann man lernen, richtig vorzusorgen. Außerdem habe ich viel gelesen und die Architektur für die neue Agentur in Linz gestaltet. Für mich war das eine gewonnene Zeit, die mir gut getan hat. Ich habe mich persönlich und fachlich weiterentwickelt.

Was haben Sie an Ihrem Leben bewusst verändert?

Ich arbeite nicht mehr so auf Druck. Mich bringt nichts aus der Ruhe, und ich habe Toleranz entwickelt. Wenn man andere gewähren lässt, entstehen neue Dinge.

Rainer Reichl

Im Jahr 1900 gründete Reichls Großvater Karl Reichl in der Hauptstraße in Linz-Urfahr eine Schuhmanufaktur. Das familiäre Unternehmer-Gen hat sich auf Rainer Reichl (55) übertragen.

Gemeinsam mit Ehefrau Silvia hat er die Linzer Werbeagentur Reichl & Partner gegründet. Mit 170 Mitarbeitern ist sie heute nicht nur Oberösterreichs größte Agentur, sondern auch die größte Agenturgruppe Österreichs. Die Schuhmanufaktur „my-shoes“ in Urfahr hat Reichl nach dem Tod seiner Schwester auch übernommen.

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3  Kommentare
3  Kommentare
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anonymer_banker (11 Kommentare)
am 13.10.2017 08:22

Alles geht vorbei.

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Gugelbua (31.892 Kommentare)
am 12.10.2017 10:58

typisch Werbung, mach sogar aus seiner Krankheit noch eine

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AlfDalli (3.986 Kommentare)
am 12.10.2017 09:24

Gute Besserung
und Alles Gute in den Anstrengungen um Gesundheit!

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