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Die Soldaten, die keine sein durften

Von Bernhard Lichtenberger, 08. August 2015, 00:05 Uhr
Die Soldaten, die keine sein durften
B-Gendarmen bei der Ausbildung. Die Theorien über die Bedeutung des B reichen von B wie Bereitschaft bis zu B wie Besondere. Bild: Archiv Napokoj

Obwohl ihre Existenz verschleiert wurde, nimmt man den August 1952 als Geburtsmonat der B-Gendarmerie an. Der Trauner Josef Napokoj (81) gehörte zu der geheimen Truppe, die bis 1955 militärisch geschult wurde und als Vorläufer des Bundesheeres gilt.

  • Obwohl ihre Existenz verschleiert wurde, nimmt man den August 1952 als Geburtsmonat der B-Gendarmerie an.
  • Der Trauner Josef Napokoj (81) gehörte zu der geheimen Truppe, die bis 1955 militärisch geschult wurde und als Vorläufer des Bundesheeres gilt.

Die B-Gendarmerie

Pfarrer hätte er nach dem Wunsch der Tante, einer Schwester Oberin, werden sollen. Der Vater schickte ihn, als eines von sechs Kindern, aufs Realgymnasium. "Ich war aber ein lebendiger Bursche und wollte mehr im Freien herumspringen, als die Schulbank drücken", erinnert sich der 1931 in Klagenfurt geborene Josef Napokoj. Und weil auch die abgeschlossene kaufmännische Lehre den Bewegungsdrang nicht befriedigte, folgte der Jüngling dem Rat eines Freundes und bewarb sich bei der Gendarmerie.

Verbotene Truppe

Am 3. November 1952 wurde er aufgenommen – in die sogenannte B-Gendarmerie. "Wir waren eine verbotene Truppe", sagt Napokoj. Denn: Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Alliierten beschlossen, Österreich jegliche Art von militärischer Betätigung zu verbieten. Unter den westlichen Siegermächten wuchs jedoch – ausgelöst durch den politischen Umsturz 1948 in der Tschechoslowakei, und verstärkt durch den Putschversuch der Kommunistischen Partei 1950 im besetzten Österreich – das Unbehagen.

Die Soldaten, die keine sein durften
"Unsere Ausbilder waren alles ehemalige Soldaten der Wehrmacht. Es war eine sehr harte Ausbildung.“ J. Napokoj, 1952 Bild: Archiv Napokoj

Vor allem die Amerikaner fürchteten nach der Unterzeichnung eines Staatsvertrages und dem Abzug der Besatzer, dass ein sicherheitspolitisches Vakuum entstehen könnte, das Umstürzlern von innen oder außen nützlich wäre. So entstanden innerhalb der westlichen Besatzungszonen "Alarm- und Fahreinheiten" der Gendarmerie, die 1952 als B-Kader auf neue Beine gestellt wurden.

In Seebach bei Villach erhielt der 18-jährige Hilfsgendarm Napokoj seine Grundausbildung. "Sie haben uns ordentlich das Leben schwer gemacht. Beschimpfungen übelster Art standen auf der Tagesordnung", erinnert sich der Trauner. "Wir hatten eine englische Bewaffnung, ein Lee-Enfield-Repetiergewehr mit sechs Patronen und Bajonett, damit wurde exerziert." Die Offiziere, die alle in der Deutschen Wehrmacht gedient hatten, schenkten ihren Schützlingen nichts. "Man hat uns ja für einen Krieg vorbereitet", sagt Napokoj, "und die Militärgedienten sagten, sie wären nicht von der Front zurückgekommen, wenn sie nicht diese harte Ausbildung gehabt hätten".

In der Kaserne Krumpendorf kam der B-Gendarm zur Besatzung des amerikanischen Spähpanzers M8. "Zu fünft sind wir durch die Gegend gezogen, allerdings ohne Kanone, nur mit Maschinengewehr." Im März 1955 kam Napokoj nach Hörsching, um von den US-Einheiten am Aufklärungspanzer M24 eingewiesen zu werden. "Da niemand wissen durfte, wer wir sind, mussten wir an unseren Fahrzeugen das rotweiß-rote Zeichen auf den Stoßstangen überkleben." Bei Übungen auf dem Schießplatz in der Ramsau schlüpften die zur Verschleierung angehaltenen B-Gendarmen in US-Uniformen.

Ende 1954 entrüstete sich die sowjetische Seite, die das Mühlviertel, Niederösterreich, das Burgenland und Wiener Sektoren kontrollierte, über die "Aufrüstung" Österreichs. Amerikaner, Engländer und Franzosen bagatellisierten die Angelegenheit. Dass die Sowjets nicht tiefer schürften, lag wohl daran, dass sie selbst die Endrunde der Verhandlungen einläuteten, die am 15. Mai 1955 zur Unterzeichnung des Staatsvertrags führte. Zu diesem Zeitpunkt gehörten der B-Gendarmerie etwa 7000 Mann an.

Die Soldaten, die keine sein durften
„Es tut mir im Herzen weh, wenn ich höre, wohin das Bundesheer heute driftet. Es wird wieder abmontiert.“ Josef Napokoj, 2015 Bild: beli

"Mit einem Mal sind wir in der Luft gehangen und wussten nicht, was mit uns geschehen wird", blickt Napokoj auf jenen Tag zurück, der Österreich wieder die staatliche Souveränität bescherte. "Dann kam aber ein Offizier, der uns sagte, wir brauchten keine Angst zu haben – es sei schon alles im Gange, man werde wieder ein Bundesheer aufstellen." Und so wurde aus dem B-Gendarmen ein Soldat, der sich auch als solcher bezeichnen durfte.

Das Heer hat der seit 1989 Pensionierte weiter beobachtet: "Es tut mir im Herzen weh, wenn ich höre, wohin das Bundesheer heute driftet. Es wird wieder abmontiert."

 

August 1952

August 1952

Im August 1952 wurde nicht nur die B-Gendarmerie gegründet - was noch in diesem Monat geschah, haben wir für Sie recherchiert:

  • 1. August: „Das beste Lustspiel des Jahres!“ So bewarb das Kolosseum-Kino den Film „Ehekrieg“ mit Spencer Tracy und Katharine Hepburn. Damals zählte man in Linz noch zwölf Lichtspieltheater. Das Kolosseum sperrte 2002 zu.
  • 2. August: Politisch korrekt wurde im OÖN-Sportteil noch nicht über das olympische Boxturnier berichtet: „Imponiert bei den Russen die enorme Kraft, so zeichnen sich die Farbigen durch Schnelligkeit und eine blendende Technik aus.“ Darüber der Zwischentitel: „Neger: Feine Techniker“.
  • 3. August: In Helsinki gehen die 15. Olympischen Sommerspiele zu Ende. Dabei stellt der tschechoslowakische Läufer Emil Zatopek (dpa-Foto) einen noch heute gültigen Rekord auf: Er gewinnt über 5000 Meter, 10.000 Meter und im Marathon bei ein und denselben Spielen jeweils die Goldmedaille.
  • 11. August: König Talal von Jordanien wird wegen einer unheilbaren Nervenkrankheit vom Militär abgesetzt. Als Nachfolger wird sein Sohn Hussein I. proklamiert, der als 17-Jähriger im Mai 1953 den Thron besteigt.
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1  Kommentar
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( Kommentare)
am 08.08.2015 21:05

Hatten beim Bundesheer einen ehemaligen Rossknecht, der zur B-Gendarmerie gewechselt war als Ausbilder. Der hatte das Pferdeseminar für Manager quasi als Erstberuf und war im Umgang mit Menschen phänomenal. Einfach, direkt, klar verständlich, manchmal hart aber immer herzlich. Nicht reden - vormachen, war sein Credo. Damit hat er uns - "seine Jungs" motiviert wie kein Zweiter.

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