Walter Mittys wunderbare Wiedergeburt

Wer Ben Stiller in "The Watch – Nachbarn der dritten Art" gesehen hat, darf völlig zu Recht folgende Gefühlslagen durchleben, wenn er an neue Filme mit dem Schauspieler denkt: Skepsis und Widerwillen. Seine Science-Fiction-Persiflage war ein cineastisches Unglück.

Belohnt wird, wer sich auf sein neues, bezauberndes Werk "Das unglaubliche Leben des Walter Mitty" einlässt. Der Film basiert auf der Essenz von James Thurbers gleichnamiger Kurzgeschichte (1939). Walter (Stiller) arbeitet als Leiter der Abteilung für Foto-Negative des renommierten US-Magazins "Life". Mit viel Liebe bereitet Stiller Walters Leben so langweilig auf, wie sich diese Jobbeschreibung anhört.

Während Walter versucht, auf einer Dating-Website die von ihm heimlich begehrte Kollegin Cheryl Melhoff (Kristen Wiig) digital anzustupsen, umspielt ihn in seiner farblosen Wohnung der Sound der penetrant tickenden Uhr. Auf seinem Online-Profil steht neben der Rubrik "Leben" bloß ein Wort: "leer".

Doppeldeutigkeiten wie diese verschmelzen zum Porträt eines Mannes, der in der Anonymität arbeitender Büromenschen nicht auf-, sondern untergeht – bis das Magazin "Life" nur mehr online erscheinen soll und Walter das verschwundene Foto-Negativ vom nicht ganz allürenfreien Fotografen Sean (Sean Penn) für die letzte, gedruckte Ausgabe suchen muss.

Diese Aufgabe entreißt Walter auf humorvolle, actionreiche Weise aus seiner Komfortzone, schickt ihn auf eine schön fotografierte Reise zu sich selbst – aus den Armen eines besoffenen Piloten zu einem Meeressturm mit meterhohen Wellen, zu ausbrechenden Vulkanen und überall dorthin, wo er sonst bloß in seinen Tagträumen landet.

Stiller, der jede Übertreibung abstellt und aus minimaler Mimik ein Maximum an Wirkung herausholt, vermittelt dem Publikum dabei bis zuletzt zweierlei: Selbsterkenntnis und das gute Gefühl, Filme mit ihm wieder mögen zu können. (nb)

Das unglaubliche Leben des Walter Mitty: USA 2013, 114 Min., Regie: Ben Stiller

OÖN Bewertung:

Trailer: