"The Killing of a Sacred Deer": Ein Psychothriller kalt wie fesselnd
Sucht man nach einer Übersetzung für den Titel des Kinofilms "The Killing of a Sacred Deer", kommt man auf eine Redewendung von Phrasendreschern, das "Schlachten einer heiligen Kuh".
Doch ein Regisseur wie Yorgos Lanthimos, der für kunstvolle Tragödien steht, hat nichts Abgeschmacktes im Sinn, mehr die antike Mythologie seiner Heimat Griechenland, in der es Euripides war, der in der Erzählung "Iphigenie in Aulis" (408 v. Chr.) statt einer Frau eine Hirschkuh den Göttern darbringen ließ.
Doch Lanthimos ist noch viel erbarmungs- und kompromissloser, als es die Götter waren. In "The Killing of a Sacred Deer" gibt er eine verstörende Antwort auf die Frage, welches Opfer ein Vater bringt, um den Krieg gegen seine Familie zu beenden. Das Schlachtfeld ist das helle Haus des Herzchirurgen Steven Murphy, verkörpert von Colin Farrell, und seiner Frau Anna – die Augenärztin ist Nicole Kidman.
Entmachtet auf allen Ebenen
Ihr Feind ist Martin, verkörpert von Barry Keoghan. Der Vater des 16-Jährigen ist auf Stevens OP-Tisch gestorben. Martin schleicht sich in das perfekte, auf Leistung aufgebaute "Idyll" des zweifachen Vaters Steven ein, wirkt zuerst dankbar und lieb, bevor er irritiert, dann ein perfides Rachespiel startet, ein Leben für ein Leben fordert.
Lanthimos legt damit eine exzellent fotografierte, trostlose, abseitige Fallstudie über Schuld und Sühne vor, in der Farrell, Kidman und Keoghan Großes zeigen, einen Psychothriller über die Entmachtung eines Mediziners auf allen Ebenen, die stimmig ins Unerklärliche abgleitet. Ein fesselnder Film, der kalt ist, wie sein moralisch unfassbares Ende kaum absehbar.
"The Killing of a Sacred Deer": GB/IRL/USA, 121 Min.,
OÖN Bewertung:
Der Trailer zum Film: