"St. Vincent": Ein kluges Kind enttarnt den mürrischen Bill Murray
Ein ungleiches Duo erobert in dieser für den Golden Globe nominierten Komödie die Herzen.
Vincent, verkörpert vom 64-jährigen Bill Murray, spuckt Gift aus derselben Körperöffnung, über die er auch welches aufnimmt: den Mund. Nikotin gelangt über das Rauchen in seinen Organismus, Alkohol mit dem Whiskey-Konsum.
Wenn er ungenießbar ist, also immer, scheint es der New Yorker Vietnamveteran in Worte umzuwandeln, die er auf andere blitzschnell abfeuert. Theodore Melfi, Regisseur und Autor dieses Bill-Murray-Films mit dem Titel "St. Vincent" – lässt seine Figur zunächst gut im selbstgewählten Paradies leben, in dem die Hölle alle Anderen sind.
Bis Vincent seine Wettschulden verschlingen und er sich nach einer Sauftour selbst auf dem Küchenboden Schach matt setzt.
So viel Unbill schwächt anscheinend auch das Abwehr-System des stärksten Weltverweigerers. Prompt schleicht sich der neue Nachbarsbub in sein Leben, mit Jaeden Lieberher ideal besetzt.
Auf ruhige Art lässt er sein unschuldiges Wesen von innen strahlen. Für Vincent ist dieses Kind der Feind, doch der Feind umarmt ihn, sodass Widerstand zwecklos ist. Vincent wird sein Babysitter, zuerst nennt er seinen Schützling nicht beim Namen, Olivier, sondern "elf Dollar die Stunde", später dann "mein Sohn".
Wie das Duo miteinander den Tag begeht, birgt den Witz des Films – mal unschuldig, mal dreckig, wie seine Frauen: Melissa McCarthy spielt treffsicher wie immer Oliviers Mutter, Naomi Watts ist als Vincents Prostituierte fabelhaft und so fast nicht zu erkennen.
Allem was ins Klamaukige ausartet, steht Gott sei Dank der Zauber gegenüber, den Vincent und Oliver entstehen lassen, wenn sie voneinander lernen. Hier arbeiten zwei Talente zusammen. Deshalb wäre es ein Fehler, Bill Murrays Rolle mit jener in "Und täglich grüßt das Murmeltier" oder in "Scrooged" zu vergleichen. Darin explodierte er allein, hier teilt er die Bühne. Recht so.
St. Vincent: USA 2014, 103 Min., Regie: Theodore Melfi
OÖN Bewertung: