"Schneemann": Wie "Tatort" mit "Universum"-Bildern
Der Kino-Krimi "Schneemann" ist visuell besonders, seine Komposition nicht.
Die Eckdaten des Films "Schneemann" klingen nach einem spitzen Kriminalfilm – auf dem Papier. Denn obwohl Michael Fassbender, einer der fähigsten Schauspieler, die Hauptrolle verkörpert, kommt die Arbeit auf der Leinwand nicht richtig vom Fleck, lässt an Dichte vermissen – trotz einer vielversprechenden Vorlage, dem Bestseller "Snømannen" (2007) aus der Reihe um Ermittler Harry Hole (Fassbender) vom Osloer Autor Jo Nesbø.
Darin geht es, wie im Film, um einen Serienmörder in Norwegen, der Frauen immer dann jagt, wenn es schneit, ihre Gliedmaßen (und mehr) abtrennt, um sie dann auf dem frischen Schnee zu betten. Seine Signatur dazu: ein Schneemann.
Der Mörder tötet schnell, mit einem Schlacht-Instrument und so nüchtern, wie es Javier Bardem als "Eliminierer" in "No Country For Old Men" getan hat. Seine Bestialität wird so detailreich veranschaulicht, wie in "Sieben". Wer den Kultfilm kennt, weiß, was das heißt. Alle anderen wollen es nicht wissen.
Doch anders als in diesen Werken, entsteht in "Schneemann" daraus kein elektrisierendes Entsetzen, keine Beklemmung, die unter die Haut geht und sich dort ausbreitet. Generell fühlt sich der dialogarme Film oft schlicht leer an.
Dass ihm die Figuren streckenweise Charakter verleihen, ist der guten Besetzung zu verdanken: Oscarpreisträger J. K. Simmons als verdächtige Wirtschaftsgröße, Charlotte Gainsbourgh als Harry Holes Ex-Liebe und Rebecca Ferguson ("Life") als Harrys Kollegin.
Am meisten aber schuftet Fassbender als Harry, der es schafft, vom Leid eines alkohol- und arbeitssüchtigen Kriminalisten mit den Augen zu erzählen. Er trägt den Film, der träge wirkt, weil ihn Regisseur Tomas Alfredson so inszeniert hat, wie sein vorheriges Werk "Dame, König, As, Spion" (2011): ohne Anlass langsam, aber mit bemerkenswerten Bildern – in diesem Fall von der schneeweißen Schönheit des Nordens.
Wer sehen will, wie sich die Dramaturgie eines Durchschnitt-"Tatorts" mit Bildern auf "Universum"-Niveau mischt, kann in "Schneemann" gehen. Alle anderen zeigt "Blade Runner 2049", wie man gemächlich grandios inszeniert.
Schneemann: GB/S/USA 2017, 119 Min.,
OÖN Bewertung:
Video: Mit dem alkoholkranken Ermittler Harry Hole hat der norwegische Bestsellerautor Jo Nesbo eine Kultfigur erschaffen. Mehr als 20 Millionen Mal sind die Bücher bisher verkauft worden. Schneemann" heißt jetzt die gleichnamige Romanverfilmung von Tomas Alfredson.