Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

"Murer – Anatomie eines Prozesses": Freispruch für Franz Murer – was sonst?

Von Wolfgang Aistleitner, 17. März 2018, 00:04 Uhr
Freispruch für Franz Murer – was sonst?
Karl Fischer (M.) als Murer Bild: Filmladen

Dem demokratischen Prinzip folgend, soll die Justiz die Wertehaltung der Bevölkerung spiegeln.

Diesem Auftrag folgte sie offenkundig 1963 im Grazer Schwurgerichtsprozess gegen den zahlreicher NS- Gräueltaten angeklagten Franz Murer. Eine Gemengelage aus fehlgeschlagener Entnazifizierung, aus latentem Antisemitismus, aus Schlussstrich-Mentalität und aus Wiedereinstellung von "Ehemaligen" in die Justiz führte zum erwartbaren Freispruch trotz massiver Belastungsbeweise. Das offizielle Eingeständnis österreichischer Mitschuld am Terror des NS-Regimes lag noch in ferner Zukunft. Der jüngste Film über den Fall Murer untertreibt, wenn er sich mit "Anatomie eines Verfahrens" betitelt. Er seziert den Zustand der österreichischen Justiz in den 1960ern. Hochintelligent, unter erkennbarer Anleitung durch Sachkundige, schnörkellos, wie sich ja auch die Justiz meist gibt. Die Dialoge abseits des Verhandlungsverlaufs berühren, nein erschüttern, ganz so wie die Schilderungen der Zeugen im Gerichtssaal. Schlüsselszene – wenn es denn überhaupt wichtige und weniger wichtige Sequenzen gibt – ist das Gespräch Justizministers Broda mit einem Redakteur der AZ. Der widerwärtige Pragmatismus des machtversessenen Politikers, dem Prinzipientreue wenig, Wählerstimmen aber alles ist, wird lehrstückhaft ausgedrückt. Dass der schwarze Koalitionspartner noch gründlicher und unverhohlener im faulen Wasser der Alt- und Immer- noch-Nazis erfolgreich fischt, bleibt nicht ausgespart. Die Darsteller? Alle überzeugend. Alexander Fennon gelingt der bis an die Grenze des Erträglichen perfid agierende Verteidiger ausnehmend gut. Karl Fischer als Murer besticht mit dem Minenspiel dessen, der seine Täterschaft mit dem Mantel des Vergessens umhüllt. Das pädagogische Potenzial dieses Films wird hoffentlich erkannt werden. Mag es auch schon viel Material über die NS-Zeit geben, so existiert zur Passion österreichischer Aufarbeitungskultur noch wenig. Auch das macht das Außergewöhnliche des Films aus.

Murer – Anatomie eines Prozesses: 2018, 137 Min.,

OÖN Bewertung:

 

Der Autor: Wolfgang Aistleitner war Senatspräsident des Oberlandesgerichts in Linz u. Vizepräsident der Richtervereinigung

mehr aus OÖN-Filmkritik

"Stillstand": Was war nochmal Corona?

"Dream Scenario": Nicolas Cage als ein Jedermann in den Träumen der Menschen

"Smoke Sauna Sisterhood": Die Schönheit von Frauenkörpern, die nicht von Beauty-OPs, sondern vom Leben erzählen

"Black Friday for Future": Ein Kurzschluss zwischen Klima und Konsum

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen