"Ben Hur": Opulenter Schinken voller Muskelpakete
Timur Bekmambetow hat sich des Klassikers "Ben Hur" angenommen – und scheitert.
Opulenz ist das wichtigste Attribut von Sandalenfilmen. Bombastisch die Bilder, die Filmlängen, die Budgets – vor allem aber die Omnipräsenz nackter Männeroberkörper, die Brutalität der Kämpfe und nicht zuletzt die Schönheit der Frauen. So auch im Remake des Klassikers "Ben Hur", das ab jetzt im Kino läuft.
Es geht wieder um die Geschichte zweier rivalisierender Männer zu Lebzeiten Jesu. Auf der einen Seite der edle Prinz Judah Ben Hur (Jack Huston), Sohn einer jüdischen Adelsfamilie, auf der anderen Seite der Adoptivsohn der Familie und beste Freund Judahs, Messala (Toby Kebbell), der einst Judah das Leben rettete.
Doch der aufgenommene Waisenbub fühlt sich ausgeschlossen, geht nach Rom, wo er in Caesars Heer Karriere macht. Jahre später kehrt er als Befehlshaber nach Jerusalem zurück. Nach einer Intrige wird Judahs Familie getötet, Judah selbst kommt auf eine Galeere.
Von Männlichkeit keine Spur
Vorbei sind die Zeiten des opulenten Lebens im Palast. Die Bilder aufwendig geflochtener Frisuren, edlen Schmuckes und bunter Stoffe weichen jenen des verdreckten, muskulösen, langhaarigen und bärtigen Judah auf dem Sklavenschiff, des unmenschlichen Alltags, angekettet und gepeinigt.
Schön sieht der Protagonist da immer noch aus – auch nachdem das Schiff nach einer Attacke der Griechen kentert, er sich aus den Ketten befreit und für unbestimmte Zeit auf dem Meer treibt, bis er doch irgendwo angespült wird. Dieser Ben Hur ist ein Mann des 21. Jahrhunderts, von Charlton Hestons animalischer Männlichkeit aus dem Original keine Spur.
Der wohlhabende Ilderim (Morgan Freeman) und seine Gefolgschaft nehmen den Gestrandeten auf. "Du verdankst mir dein Leben. Ich erwarte, dass du mir das zurückzahlst", sagt er zu Judah. Später wird er beim finalen Wagenrennen zwischen Messala und Judah auf seinen Schützling setzen – und gewinnen!
Auf Hochglanz poliert
Action-Spezialist Timur Bekmambetow ("Wanted") zieht in diesem Schinken nach dem Roman von Lew Wallace aus dem Jahr 1880 alle technischen Register, die Hollywood zu bieten hat. Die Schlachten und Kämpfe sind endlos und äußerst brutal, die Gesichter und Körper, die Kostüme und Kulissen bis zur Unkenntlichkeit digitalisiert und auf Hochglanz poliert. Dass Gefühle Charaktere formen und nuancieren, Beziehungen prägen, geht dabei unter.
Seinem Vorgänger aus dem Jahr 1959 in der Regie von William Wyler und mit Charlton Heston macht er damit allerdings keine Konkurrenz. Der gewann 1960 elf Oscars. Am ersten Wochenende nach US-Start floppte das bombastische, neue Spektakel. Denn selbst wenn man meinen könnte, "Sandalenfilme gehen immer", Bekmambetow wird dem Genre nicht gerecht. (bs)
Film: "Ben Hur" (USA 2016, 123 Minuten), Regie: Timur Bekmambetow
OÖN Bewertung:
Trailer:
"Ben Hur" von 1959
"Ben Hur" wurde am 18. 11. 1959 uraufgeführt. Das Wagenrennen mit Charlton Heston gehört zu den berühmtesten Szenen der Filmgeschichte. Der Lohn: elf Oscars!
Habe den Film gestern gesehen.
Reihung:
1.Ben Hur 1959 - tolle Schauspieler, super Kulisse und eine grandiose Filmmusik von Miklos Rosza
2.Ben Hur 1925 - imposant auch durch die Licht-Schatteneinstellungen sowie die Mimik der Darsteller. Das Wagenrennen ist somit nicht weniger spannend
3.Ben Hur 2016 - viel Action wie halt heutzutage üblich
4.Ben Hur Fernsehfassung - da bin ich eingeschlafen
und die Version von 1907 kenne ich leider nicht
Der üblich Computer-Aktions-Spektakel könnte jeden Titel haben
Der neue Film kann sicher nicht mit jenem von 1959 mithalten, das hat mir schon ein kurzer Ausschnitt, den ich gestern gesehen habe, klar gezeigt.
Das Wagenrennen von 1959 eine "Szene" zu nennen, ist nicht ganz angebracht, es dauert nämlich 20 Min. oder so und ist eine lange Sequenz.
Ben Hur wurde zuvor schon von MGM von Fred Niblos als Stummfilm verfilmt (1925), auch damals schon sehr opulent und aufwändig.