"A Most Wanted Man": Zwischen Menschlichkeit und Mentalität der Angst
Philip Seymour Hoffman brilliert in seiner letzten Kino-Hauptrolle.
"Wir denken bei jedem dunkelhäutigen Mann, der uns anschaut, dass er uns umbringen wird." In Anton Corbijns neuem Spionage-Thriller "A Most Wanted Man" sagt das weder ein Stammtischprediger noch ein links-linkes Traummännlein.
Corbijn tut kritischen Geistern diesen Gefallen nicht. Er lässt diese Aussage zur westlichen Mentalität einen abgeklärten Hund sagen, der mit dieser Angst sein Geld verdient: Günther Bachmann, Leiter einer in Hamburg operierenden Anti-Terror-Einheit. Verkörpert wird er von Oscarpreisträger Philip Seymour Hoffman, der am 2. Februar 2014 starb, nachdem "A Most Wanted Man" bereits abgedreht war. Wie er sich der Figur Bachmann bemächtigte, ist eine letzte, große Darstellung seiner Begabung. Denn er trägt ein modernes Dilemma nach außen: Die Welt fürchtet sich vor "den Islamisten", "den Dschihadisten", "den Terroristen" und doch weiß der Einzelne, dass in einem akzeptierten Kampf gegen allgemeine Gruppen Unschuldige vernichtet werden.
In der Handlung von "A Most Wanted Man" hat es sich Bachmann als Ziel gesetzt, über den Tschetschenen Issa Karpow (Grigoriy Dobrygin) einen Al Kaida-Sympathisanten zur Strecke zu bringen. Mit jedem Schnaufen, jedem Schritt inszeniert Hoffman diesen Terroristenjäger als harten Brocken, an dem man aber sehr wohl erkennt, wie ihn politischer Druck und persönliche Werte mental weich werden lassen.
Alkohol und Zigarettenqualm sind ständige Begleiter.
So bahnt er sich strategisch durch eine starke Geschichte von John le Carré, die Corbijn mit Verständnis für visuelle Erzählungen umgesetzt hat. Hamburg inszeniert er wie die Atmosphäre – dunkel, mit vielen Grauzonen. Die Handlung ist typisch für den Spionagefilm langsam, mit Zeit für Fragen und das Verstehen. Wer die Gemächlichkeit aber ankreiden will, sollte stattdessen besser das Ensemble genießen: darunter Daniel Brühl, Willem Dafoe und und sogar Herbert Grönemeyer.
A Most Wanted Man: GB/USA/D 2014, 122 Min,
OÖN Bewertung: