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Im Gespräch mit Mercedes Echerer: Wellentanz der Donau

Von Peter Grubmüller, 18. April 2014, 00:04 Uhr
Der Wellentanz der Donau
Bild: Harald Stockinger

Mit 2857 Kilometern ist die Donau nach der Wolga der zweitlängste Fluss Europas. Diesen Lebensstrom besingt, bespricht und vertont Mercedes Echerer mit dem Trio Folksmilch am 24. April im Linzer Posthof beim "Wellentanz".

Mit Mercedes Echerer werden zwei Stunden zu kurz, um alle Themen einzufangen, für die diese Frau brennt und mit rauchiger Stimme formuliert. Im Gespräch mit den OÖNachrichten macht die gebürtige Linzerin Lust darauf, sich auf kulturelle Räume abseits von Landesgrenzen einzulassen.

Ihr Vorhaben lautet: Lasst uns die Donau erzählen. Kann man das, einen Fluss erzählen?

Mercedes Echerer: Man kann versuchen, sich diesem gewaltigen Wasser anzunähern – durch das Erfassen der Vielfalt der Menschen, der Lebensgemeinschaften, der Flora und Fauna, der Landschaft. Es gab drei Auslöser für das Projekt: Einerseits bin ich schon als Kind viel auf der Donau gefahren, als Linzerin kennt man das ja. Damals war die Donau eher trennend, hier waren die Linzer, dort die Urfahraner. In Budapest hab’ ich das anders erlebt. Dort waren die Brücken die wichtige Verbindung von Buda nach Pest, damit die Stadt eins wird. Dann hab’ ich ein Märchenbuch herausgebracht, es heißt "Märchen, Mythen & Musik – Donau". Dafür hab’ ich alte Volksmärchen gesammelt, eben vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer. Wir haben 800 Volksmärchen und darin vorkommende Motive aufgesaugt, sind zu Literaten und Übersetzern gegangen und haben sie gebeten, diese Märchen neu und literarisch zu schreiben. Der endgültige Kick für "Wellentanz" ist während der Planung für das Kultur-Festival "Wachau in Echtzeit" passiert: Ich wurde gefragt, ob ich mich beteilige. Ich sollte allerdings singen, obwohl ich keine Sängerin bin. Folksmilch war außerdem eine Musikerpartie, mit der ich noch nie gearbeitet hatte – so hat sich das ergeben.

Glauben Sie, dass die Donau in Linz trennend war, weil der Fluss die Grenze zwischen russischer und amerikanischer Besatzungszone bedeutete?

Das sehe ich heute nicht so. Linz hat nur die Phase des Zusammenwachsens ganz anders erlebt als Budapest. Im Verhältnis dazu, wie lange es Linz gibt, sind die Linzer Brücken ja relativ neu – früher war es eben nicht ungefährlich, einen Fluss zu überqueren. Und kaum war das Überqueren einigermaßen bequem, gab es in Linz den Schicklgruber. Das war der nächste Einschnitt. Dann muss man sich anschauen, wo in Linz die wichtigen Institutionen stehen. Deshalb fand ich die Ansiedelung des Ars Electronica Centers in Urfahr als städtebaulich ganz wichtig. Wenn die Linzer zum Urfahraner Markt gehen, galt das ja immer als Ausflug.

Im Programm singen Sie ein Lied von Georg Kreisler, in dem es heißt: Man muss nur wissen, man hat niemals ein Zuhause. Haben Sie ein Zuhause?

Nein. Ich bin das Kind eines Kanonenfutters – mein Vater – und eines ungarischen Flüchtlings, obwohl der Vater meiner Mutter Wiener war. Das waren Eltern, die keine Scham hatten, über diese Zeit zu reden. Sie mussten auch darüber reden, weil wir oft über diese Grenze gefahren sind, bei der ich gefragt habe, warum wir dort hineindürfen, aber die Menschen nicht hinaus. Dieser Umstand, dass man eine Mischkulanz ist und dazu steht, das war zu meiner Zeit in Linz nicht üblich. Ich wollte auch immer eine Großfamilie, aber die hatte ich nie. Aber als ich zum ersten Mal nach Siebenbürgen gefahren bin, wo meine Mutter viele Verwandte hatte, war diese Großfamilie plötzlich da. Das war einige Jahre lang ein Heimatgefühl. Parallel war ich bis zum Tod meines Vaters und darüber hinaus damit konfrontiert, was ich eigentlich sei. Österreicherin? Ungarin? Für ein kleines Kind ist das eine fatale Frage. Wenn man sich in der Stimmung fühlt, sich für etwas zu entscheiden, heißt das auch, man entscheidet sich gegen ein Elternteil. Das geht aber nicht.

Welche Entscheidung haben Sie dann getroffen?

Mit 17 hab’ ich gesagt: Gut, mein Zuhause ist Europa. Damit war ich unantastbar, aber das geht sich für ein ganzes Leben nicht aus. Mir ist dieser Wunsch nach Verortung geblieben, irgendwo zu sein, wo ich die Gerüche, die Sprache, die Kindheit als Teil von mir platziere. Das hab’ ich heute an vielen Orten – aber nirgends hab’ ich das Gefühl, dass es mein Zuhause wäre.

Wo auch immer Sie auftreten, wird Ihnen das Attribut "die ehemalige Abgeordnete zum EU-Parlament" vorangestellt. Stört Sie das als Künstlerin?

Ja, das ist komisch. Ich weiß auch nicht, warum. Vielleicht liegt es daran, dass wir in Österreich die Sehnsucht danach haben, etwas zu benennen und zu betiteln – Magister, Professor, Hofrat. Wenn ich im Rahmen einer institutionellen Veranstaltung so begrüßt werde, ist das in Ordnung und vielleicht sogar charmant. Andererseits hab’ ich nach meiner Heimkehr aus Brüssel vor zehn Jahren nicht so viel Theater gespielt, wie ich gerne wollte – vielleicht ist mein Beruf in der Medienresonanz auch deshalb ins Hintertreffen geraten. Demgegenüber steht ein Publikum, das – wenn ich wo gespielt habe – mich sieht als die, die ich bin. Nämlich als Künstlerin, die immer politisch interessiert war und es auch bleibt.

Hat Ihnen Ihr politisches Amt als Künstlerin geschadet?

Wahrscheinlich hält es sich die Waage. Ich durfte viele tolle Menschen kennenlernen, ich hab’ in Brüssel viel gelernt. Ich hatte zwei, drei Jahre lang eine Punzierung, was in einem kleinen Land wie Österreich schwierig ist. Jetzt hat sich das gelegt. Mein großer Vorteil war, dass ich nie Mitglied einer Partei war. Erfahrungen, die ich sammeln konnte, führten letztendlich zu Programmen wie "Wellentanz".

Info: Veranstaltung im Posthof

Zur Person...

Anfänge: Mercedes Echerer kam 1963 in Linz zur Welt, sie wuchs in der Mozartstraße auf („damals hat sich dort jedes Wochenende ein Motorradfahrer da-stessn“, sagt sie) und maturierte 1981 am Linzer Borg.

Bühne: Nach der Matura absolvierte sie am Linzer Landestheater eine Ausbildung für Tanz, Schauspiel und Gesang und etablierte sich auf der Bühne in Salzburg, Klagenfurt, Graz, Frankfurt und Wien.

TV: Von 1991 bis 1996 moderierte Echerer die ORF-Kultursendung KunstStücke und die Gala des Prix Ars Electronica. Von 1985 bis 1989 war sie am Wiener Volkstheater, von 1990 bis 1998 am Theater in der Josefstadt engagiert.

Politik: EU-Parlament Von 1999 bis 2004 saß sie für die Grünen (ohne Parteimitglied zu sein) im Europäischen Parlament. Sie war in verschiedenen Parlaments-Ausschüssen, darunter Recht und Binnenmarkt, Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport – und Haushalt. Daneben engagierte sie sich für Softwarepatents- und Urheberrechtsfragen.

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