Hereinspaziert: Intime Einblicke in die Revolution beim Kepler Salon
"Kepler Salon": Alexandra Schneider begleitete für ihren Film "Private Revolutions" Ägypterinnen durch Freud und Leid.
Der Arabische Frühling erzeugte einen medialen Sturm, der so viele Infos nach Europa wirbelte, dass man glauben könnte, alles darüber zu wissen. So lange, bis man den Dokumentarfilm "Private Revolutions" der in Linz aufgewachsenen Alexandra Schneider (1979*) sieht. Ihr Werk, das am 21. April im "Kepler Salon" diskutiert wird und beim "Crossing Europe" Filmfest am 28. 4. Premiere feiert, macht Euphorie und Depression bürgerlichen Aufbegehrens aus Sicht vierer Frauen nachfühlbar. "Eine Revolution passiert eben nicht ein paar Wochen lang auf der Straße", sagt Schneider. "Revolution bedeutet den Umbruch einer Gesellschaft. Und dieser dauert Generationen, ganz viel passiert im privaten Bereich."
Mit diesem Ansatz ist es der Studentin der Wiener Filmakademie gelungen, Momente von ungeahnter Intimität einzufangen. Der Zuschauer sieht, wie Aktivistin Sharbat ihre drei Söhne auf dem Tahir-Platz Werte wie Freiheit und Selbstbestimmung lehrt. Ihr Kleinster sagt: "Ich werde dich wirklich hassen, wenn du ohne mich hingehst und stirbst."
Nicht da für ein "paar Gustostückerln"
Szenen wie diese setzt Schneider aber keinem Urteil aus. "Private Revolutions" lebt vom Raum, den er seinen Protagonistinnen gibt. Man spürt die Freude von Amani, wenn sie über ihren Internet-Radiosender Mädchen über Frauenrechte aufklärt und spürt ihren Frust, als ihre Domain plötzlich gesperrt wird.
Mehr als acht Monate lebte Schneider, ausgebildete Sozialarbeiterin, 2012 in Kairo und war Teil des Lebens "ihrer" Ägypterinnen, darunter auch Muslimschwester Fatema und die Entwicklungshelferin May. "Ich war Tag täglich auf Abruf, um mit einer kleinen Kamera zu filmen." Sie ging mit den Frauen "durch Freud und Leid". "Das hat massiv dazu beigetragen, dass sie gemerkt haben, dass ich nicht nur eine Zuseherin bin, die ein paar Gustostückerln rausholt."
Inspiriert zu ihrem wagemutigen Vorhaben einerseits war eine Ägypterin, einer provokativen, frechen Muslima, die eine Videobotschaft ins Netz stellte, um Menschen für Demos zu mobilisieren. "Sie sagte: Nicht nur die Polizei, die uns schlägt, verrät uns, sondern auch ihr, wenn ihr mich im Stich lässt, seid Teil des Systems." Andererseits trug das Engagement einer gute Freundin mit ägyptischen Wurzeln bei. Schneider: "Sie wollte hinfahren und Fotos machen. Da hab’ ich gesagt: Ja, ich komme mit." Heimgekehrt ist sie mit 150 Stunden Material, großteils in der Fremdsprache Arabisch gedreht. Zeit, Kraft und Energie im Schnitt haben sich gelohnt. "Private Revolutions" startet im Kino, der ORF will Lang- und Kurzfassung zeigen, und das Werk trägt zur Verbindung der Kulturen bei.
Termine
Kepler Salon Linz "Jung, weiblich, ägyptisch", 21. 4., 19.30
Crossing Europe Screening: 28. 4., 30. 4.