Grenzüberschreitend nackt

Von Eva Hoffmann   02.August 2013

Durchtrainiert, attraktiv, alternd: Fifi Pisseckers Kunstfigur Mike Lechner ist Stripper in der Midlife-Crisis. Was tun, wenn die Konkurrenz plötzlich als besser gilt, nur weil sie jünger ist? Pissecker geht in seinem aktuellen Programm über seine Grenzen hinaus und nackt auf die Bühne. Im großen „was ist los?“-Interview spricht er über Gesellschaftskritik, Politsatire und Prüderie.

In Ihrem neuen Programm „Supernackt – Ausziehen bis zur Seele“ machen Sie sich nackig. Was würden Sie denn nicht für Geld machen?
Pissecker: (lacht schallend) Meine Seele verkaufen. Sie herzeigen gerne, aber sonst. Vor allem: Ich zeige ja nicht meine Seele her, sondern die der Kunstfigur Mike Lechner, dem Bodybuilder.

Ist denn die Nacktheit so gar kein Problem für Sie?
Oh ja, das war zu Beginn sogar ein großes! Ich überschreite mit diesem Programm sowieso sämtlich Grenzen und Hürden, die der Pissecker nie überschreiten würde. Aber das ist ja gerade das Schöne am Schauspiel. Wenn du erst einmal in einer Rolle drinnen bist, gehst du über gewissen Hemmungen sofort hinweg.

Sie haben sich über drei Monate körperlich auf die Rolle eines Strippers vorbereitet, haben trainiert, auf Ihre Ernährung geachtet. Wie haben Sie sich inhaltlich eingearbeitet? Reichen gängige Klischees für ein Kabarett übers Strippen?
Die Frage ist, ob es sich strenggenommen um ein Kabarett handelt. Klar, es ist sehr unterhaltsam, aber es ist eher ein Schauspiel. Die Figur macht ja eine unglaubliche Wandlung durch. Ich baue in den ersten fünf Minuten ein Vorurteil auf, das ich im Rest des Abends breche und widerlege. Ich habe in der Vorbereitung einen Stripper kennengelernt, der aus dem Nähkästchen geplaudert hat. Gaudi ist das keine, wenn man in dieser Branche alt wird. Da zählt Erfahrung halt rein gar nichts.

Für prüderes Publikum war ein nackerter Kabarettist ja fast ein Skandal.
Ich war direkt überrascht, wie die Leute das aufgenommen haben und wie das polarisiert hat. Da schauen sich die Leut’ jeden Tag fünf Nackerte in der Zeitung an und dann sind sie schockiert, wenn ein Kabarettist nackt auf die Bühne geht. Das sagt ja auch was aus.

Was wäre Ihnen viel zu peinlich, als dass Sie es jemals machen würden?
Die FPÖ wählen. Überhaupt sich in die Nähe von Leuten begeben, die mir nicht liegen. Also FPÖ stellvertretend genannt für Intoleranz und alles, was mit meinem Lifestyle so gar nicht kompatibel ist.

Sie werden da sehr konkret. Wieso haben Sie sich nach den „Hektikern“ nicht, wie Ihr Kollege Florian Scheuba beispielsweise, in Richtung Politsatire entwickelt?
Jeder soll das machen, wo er sich am Wohlsten fühlt. Bei den Hektikern haben wir alle Richtung vereint. Danach ist jeder seiner Wege gegangen, ich fühle mich halt eher für Gesellschaftskritisches zuständig als für konkret Politisches. Das sollen wirklich die machen, die das besser können und das sind zweifelsohne der Scheuba Florian oder der Maurer Thomas. Da sehe ich mich nicht angesiedelt. Die Leute werden bei mir aber auch gut unterhalten und bekommen etwas zum Nachdenken mit nach Hause.

Haben sich Ihre Grenzen während der Vorbereitung zum Programm hinausgeschoben?
Nein. Ich habe mir lediglich herausgenommen, was ich für mich gebraucht habe.

Worüber lachen Sie gerne?
Über menschliche Schwächen. Sowohl über die eigenen, als auch über die fremden. Da kann ich irrsinnig lachen, das berührt mich. So wie bei Loriot und Monty Python. Das sind die Großmeister.

Wolfgang „Fifi“ Pissecker stand schon in der Gymnasialzeit mit Florian Scheuba, Mini Bydlinski und Werner Sobotka als die „Hektiker“ auf der Bühne. 2009 ging er mit seinem ersten Soloprogramm „Ich kenn’ Sie! – Wer sind Sie? Erlebnis vom Jakobsweg“ auf Tournee.

Am 6. August ist Kabarettist Wolfgang „Fifi“ Pissecker mit seinem Programm „Supernackt – Ausziehen bis zur Seele“ im Rosengarten auf dem Linzer Pöstlingberg zu Gast. Beginn ist um 19.30 Uhr. Karten: OÖN-Ticketbüro 0732/7805-805 oder auf www.nachrichten.at/ticket.

Info: www.pissecker.com und www.weiler-shows.com