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Die sanfte Revoluzzerin

Von Nora Bruckmüller, 12. August 2016, 00:04 Uhr

Elisabeth Kulman präsentiert am 17. August ihr neues Programm "La femme c’est moi" beim Attergauer Kultursommer. Mit was ist los? sprach die Mezzosopranistin über Freiheit als Freischaffende und ihren steten Einsatz für faire Behandlung von Künstlern

Von der Oper als arbeitgebenden Betrieb hat sich die gefeierte Mezzosopranistin verabschiedet. Mit was ist los? sprach sie über das Programm "La femme c’est moi" als selbstständige Regisseurin.

Für "La femme c’est moi" kombinieren Sie Stücke, die unter dem Begriff "populär" firmieren, mit großen Werken aus der Oper. Wie kamen Sie auf diese Idee?

Mir war das, was ich bisher gemacht habe, also rein klassische Musik, immer ein bisschen zu eng. Ich bin nicht Sängerin geworden, nur um Opern zu singen, sondern weil ich Verschiedenstes singen will. Da gehören Chansons von Edith Piaf genauso dazu wie Werke von Wagner, Strauss oder Bizet. Also dachte ich: Warum soll ich diese Vielfalt nicht an einem Abend verbinden? Das, was mir Spaß macht, und, so denke ich auch, dem Publikum.

Wie schafft man das rein musikalisch betrachtet?

Ich habe Gott sei Dank mit Tscho Theissing einen grandiosen Arrangeur. Er ist imstande, meine Gedanken, meine gewagten Experimente an Kombinationen umzusetzen. Er ist handwerklich so gut, dass er ein Werk von Richard Strauss mit Songs von den Beatles verbinden kann – eine geschmackvolle Gratwanderung auf höchstem Niveau.

Sie sind mit sieben Musikern unterwegs (mehr oben). Nach welchen Kriterien haben Sie die Gruppe zusammengestellt?

Für mich persönlich ist es privat wichtig, mit welchen Menschen ich Zeit verbringe. Ich wähle da sehr genau aus. So gehe ich auch vor, wenn es um die Bühne geht. Die zwei Hauptkriterien waren die musikalische Qualifikation und die menschliche Komponente. Einerseits habe ich Musiker engagiert, die ich seit Jahren kenne, andererseits auch Künstler, die mir nicht so nahe waren. Bei ihnen bin ich nur nach Intuition gegangen.

Und sie war Ihnen verlässlich?

Ja. Das Schöne dabei ist tatsächlich, dass sich im Laufe der Proben herausgestellt hat, dass wir uns wirklich sehr gut verstehen. Ich und die Musiker, und die Musiker untereinander. Das habe ich vorher nicht wissen können, nur erhofft. Dass es dann so aufgegangen ist, freut mich sehr!

Sie tragen erstmals in dieser Größenordnung als Regisseurin Verantwortung?

So weit habe ich mich noch nie ausleben können. An der Oper war das sowieso nie möglich. Da gibt es einen Regisseur. Und ich muss tun, was er mir sagt.

Nun fühlen Sie sich frei?

Ja! Ich kann alles bestimmen. Und es ist für mich im Moment wohl besonders wichtig, dass ich mich niemandem unterordnen muss, der mir etwas überstülpen will. Etwas, was womöglich gar nicht zu mir passt oder zur Figur, wie ich sie sehe. Wenn man das Opern-Business betrachtet, dann ist der Sänger heutzutage wirklich sehr austauschbar. Der Regisseur hat sein Konzept. Und auch wenn man da als Sänger nicht reinpasst, musst du dich dem doch fügen. Meine aktuelle Arbeit ist für mich auch ein bisschen so etwas wie ein Befreiungsschlag.

Hat das Bedürfnis, sich nichts überstülpen lassen zu wollen, was künstlerisch nicht zu Ihnen passt, lange in Ihnen gearbeitet?

Ich war immer im Zwiespalt, weil ich kein Mensch bin, der um jeden Preis provozieren will. Für mich ist Harmonie schon wichtig, und ich will niemanden vor den Kopf stoßen, wenn es nicht nötig ist. Wenn ich anders veranlagt wäre, hätte ich mich schon viel früher auf die eigenen Beine gestellt, aber ich wollte immer guten Willen zeigen, keinen Stress machen. So habe ich wahrscheinlich doch ziemlich lange mitgespielt. Aber irgendwann steht es einem bis zum Hals, wenn dein Wort nichts bedeutet. Aber ich bereue auch nicht, dass ich diesen Weg gegangen bin. Ich habe viel gelernt. Und jetzt nehme ich mir die Freiheit, mich selbst auszudrücken.

Spürten Sie den genannten Zwiespalt schon früher?

Von der Grundstruktur her war ich als Kind eher das, was man als aufmüpfig bezeichnet. Aber das wurde immer auch durch mein Bedürfnis nach Harmonie unterdrückt. Mir wurde immer gesagt: "Der Klügere gibt nach!" Aber das ist doch idiotisch. Es verhindert, dass Kreatives ausgelebt wird, die Persönlichkeit hervorkommt. Ich kann nur Menschen dazu ermutigen, sich mehr zu trauen, aus sich herauszugehen, in sich hineinzuspüren, was in ihnen steckt. Aber: Es ist ein schwieriger Weg! Denn wir werden nicht dazu erzogen.

Sie haben den Verein "art, but fair" mitbegründet. Auf der Website können sich Künstler einen Selbstverpflichtungen-Katalog runterladen, der ihnen helfen soll, nicht Raubbau an Geist und Körper zu betreiben. Wie geht es Ihnen bei der Umsetzung?

Der einzige Weg ist, sich selbst immer wieder an der Nase zu nehmen. Zum Beispiel: Beim "La femme c’est moi"-Projekt bin ich die Arbeitgeberin. Als solche muss ich meine Musiker bezahlen. Und wenn ich nicht die Gage bekomme, die ich brauche, um sie ordentlich zu bezahlen, dann sage ich Veranstaltern auch nicht zu. Gerade habe ich das auch tun müssen. Aber ich bin eine arrivierte Sängerin, ich kann es mir "leisten" abzusagen. Doch heutzutage als junger aufstrebender Künstler? Man giert nach jeder Chance aufzutreten und akzeptiert die unterirdischsten Bedingungen. Das ist das große Dilemma, das die Spirale immer weiter nach unten dreht. Diese Tendenz können wir nur stoppen, wenn wir selbst immer wieder den Mut aufbringen, Nein zu sagen!

INFOS

Am 17. 8. präsentierte Elisabeth Kulman „La femme c’est moi“ mit Arien und Modernem in St. Georgen (20.30 Uhr,
Attergauhalle, Karten: 07667/8672).

Dabei begleiten sie u. a. die Philharmoniker Franz Bartolomey (Violoncello), Herbert Mayr (Kontrabass),  Aliosha Biz (Violine, „Dobrek Bistro“), Eduard Kutrowatz (Piano), Maria Reiter (Akkordeon) und der Jazzer Gerald Preinfalk (Sax).

Kulman gilt als eine der führenden Mezzosopranistinnen und Altistinnen. 2013 startete sie bei den Salzburger Festspielen eine Diskussion über faire Behandlung von Künstlern, es folgte die Gründung des Vereins „art, but fair“.
 

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