Bayerns Wutbürger
Markus Stoll hat mit der Figur Harry G. einen Münchner erschaffen, der erstklassig grantelt
Auf gut Österreichisch würd’ man sagen: Er blattelt sie richtig auf. In seinem tiefsten, von Grant angesäuertem bayerischen Dialekt grätscht er hinein, mitten in die Selbstgefälligkeit von Münchens Schickeria. Harry G. sagt, wie es ist, nicht immer politisch korrekt, nie verwässert.
Hinter der Kunstfigur verbirgt sich der gebürtige Regensburger Markus Stoll, der im März erstmals in Oberösterreich gastiert (mehr unten).
Aber wie ist Markus Stoll zu Harry G. geworden, dem mehr als 260.000 Fans auf Facebook folgen? Durch eine erste, breitenwirksame Explosion 2013 via YouTube, durch ein leidenschaftliches Video zum Oktoberfest. Die "Wiesn" ist ohnehin sein Thema. Das Festzelt des Szene-Gastronomen Michael Käfer ist für ihn ein "Dschungelcamp, in dem Lothar Matthäus schon auf seine nächste Scheidung wartet".
Monaco Franzes Erbe
Die Geburt von Harry G. beschreibt Stoll im Gespräch mit was ist los? als einen Prozess. Diese Gedanken zu sozialen Unterschieden und Animositäten hatte er schon über längere Zeit. "Irgendwann will man sie dann loswerden und sucht sich ein Medium."
Studiert hat der 35-Jährige, der Gerhard Polt verehrt und ein Fan von Helge Schneider ist, Betriebswirtschaft und später in einem Job in diesem Fachbereich gearbeitet. "Da hat mich dieses Umfeld schon immer ein bissl genervt. Da muss man halt Witze darüber machen."
Den Nerv beim Publikum hat er mit seinem digitalen "Bauerntheater" sofort getroffen. "Von Anfang an hab ich gemerkt, dass die Menschen dankbar waren, dass jemand Wahrheiten ausspricht, die schon lange keiner mehr ausgesprochen hat." Seit der legendären TV-Serie "Monaco Franze" (1981–1983, mit Helmut Fischer, in der Regie von Helmut Dietl) habe sich dieser Thematik auch keiner mehr angenommen. Mehr als 30 Jahre lang.
Inzwischen hat Harry G. sein Themenspektrum gefunden: SUVs, den "Münchner Look", Freizeit am Starnberger See und den "Isarpreiß", den Münchner, der seine Kultur als Trend lebt. Ihm hat er sein aktuelles Programm gewidmet.
Der Sprung von den kurzen Clips, in denen er Hauptsatz an Hauptsatz reiht, zum Geschichtenerzähler in einer langen Bühnenshow sei "riesig" gewesen. "Die unmittelbare Resonanz ist brutal, viel stärker." Wohingegen seine Videos mehr Reichweite bringen, mehr als 300 Millionen Aufrufe bisher.
Über beide Kanäle will er inhaltliche Breite bieten, Themen, an die jeder andocken kann, skurrile Situationen, die jeder kennt: Parkplatz- und Wohnungssuche oder das Verhalten von Hundebesitzern.
Inspiration ist immer der Alltag: "Wenn i in da Fria aufsteh’, ist es nur eine Frage der Zeit, bis i den ersten Deppen triff’."
Leben mit dem Isarpreiß: 18. März, Kürnberghalle, oeticket.com, www.harry-g.com