Die wachsende Lust am Laster

Von Clemens Schuhmann   02.September 2017

Für den Duden ist ein Pick-Up ein "kleinerer Lieferwagen mit Pritsche". Diese emotionslose Definition entstammt einer Zeit, als dieses Fahrzeug-Segment in Europa noch mit Kopfschütteln abgetan wurde.

Doch mittlerweile sind diese robusten und vielseitigen Arbeitsgeräte zu luxuriösen Lifestyle-Fahrzeugen mutiert, die sich häufig nicht mehr im täglichen Baustelleneinsatz bewähren, sondern vielmehr auf den Pracht-Boulevards der Städte gute Figur machen müssen. Und sie eignen sich hervorragend als Zugfahrzeuge.

Das ist ein wesentlicher Grund, warum die Zulassungszahlen dieses Fahrzeug-Segments schon seit einiger Zeit nach oben weisen – freilich von niedrigem Niveau aus.

Auch heuer haben die Österreicher verstärkt zu den Pick-Ups gegriffen, wie aktuelle Zahlen der Statistik Austria zeigen: Von Jänner bis Ende Juli wurden zwischen Neusiedler- und Bodensee 2865 Pick-Ups erstmals zum Verkehr zugelassen. Das ist ein Plus von 13,3 Prozent zum Vergleichszeitraum des Vorjahres.

VW Amarok am beliebtesten

Beliebtester Pick-Up ist der VW Amarok (siehe Grafik oben), auf den ein Viertel der Neuzulassungen entfällt. In dem Premium-Nutzfahrzeug begeistert vor allem die Kombination aus V6-Diesel und seidenweicher Achtgang-Automatik. Das ist im Segment (noch) ein Alleinstellungsmerkmal.

Die weiteren Plätze entfallen auf jahrelang etablierte Vertreter im Pick-Up-Segment: Ford Ranger, Toyota Hilux, Mitsubishi L200 und Nissan Navara. Bemerkenswert ist, dass diese fünf meistgekauften Laster für 86 Prozent des rotweißroten Pick-Up-Marktes stehen. Dazu kommen dann noch der relativ neue Fiat Fullback (ein Mitsubishi L200 mit Fiat-Emblemen) mit 8,0 Prozent Marktanteil und die Ausnahmeerscheinung Dodge RAM (Fahrbericht auf Seite 3) mit 3,8 Prozent.

In den Pick-Up-Markt kommt aber schon demnächst neuerlich Bewegung: Mercedes hat seine X-Klasse bereits präsentiert und wird damit wohl in erster Linie Premium-Kunden ansprechen. Die X-Klasse basiert auf dem Nissan Navara, wird aber mit einem Mercedes-Fahrwerk versehen.

Kein Arbeitsgerät mehr

Ebenfalls auf dem Nissan Navara basiert der Renault Alaskan, der auch demnächst auf unsere Straßen rollen wird.

Neben dem Wandel vom knorrigen Arbeitsgerät zum luxuriösen Lifestyle-Fahrzeug gibt es noch weitere Gründe, warum auch in Westeuropa immer mehr Käufer zu einem Pick-Up greifen:

Mehr Angebot: Es gibt ein breiteres Fahrzeugangebot. Und steigt das Angebot, wächst die Nachfrage. Zuletzt ist Fiat ins Segment eingestiegen, Mercedes und Renault folgen demnächst. Dazu kommt, dass alle Pick-Ups erst kürzlich erneuert wurden – und die Fahrzeuge somit auf der Höhe der Zeit sind.

Steuerliche Vorteile: Für Unternehmer entscheidend ist der Vorsteuerabzug; und eine "Normverbrauchsabgabe" (NoVa) gibt es beim Pick-Up auch nicht. Ein Ford Ranger mit Einzelkabine steht daher bereits ab 23.850 Euro in der Liste. Und ein Dodge RAM mit 400 PS kostet ab 46.300 Euro (bei nur 79 Euro Steuer im Monat).

Wertstabilität: Pick-Ups halten den Preis lange. Sie haben einen hohen Wiederverkaufswert, wie ein Blick in diverse Online-Börsen zeigt.

Vielseitig: Die Fahrzeuge sind nicht nur komfortabel, sie haben zum Teil modernste Fahrerassistenz-Systeme an Bord und sind vielseitig einsetzbar – als Arbeitsgerät, als Zugfahrzeug, als Basis fürs Wohnmobil oder als Freizeitmobil für die abenteuerlustige Familie.

 

Pick-Ups Neuzulassungen (PDF):

Weitere Inhalte: