Für Linz beginnt's – in Graz!
GRAZ. OÖN-Augenschein: Die ersten 60 Linzer Medizin-Studierenden starteten auf Grazer Uni.
Zwischen Linz und Graz liegen 226 Straßenkilometer, viele Tunnels und der grenzübergreifende Pyhrnpass oder alternativ die Bosruck-Röhre. Diese Strecke werden die neuen Medizin-Studierenden der Johannes Kepler Universität ebenso gut kennenlernen wie den menschlichen Körper. Die Medizinische Fakultät auf der Tiefgarage des Linzer AKh ist noch nicht einmal eine Baustelle, die Architekten werden erst in einem Wettbewerb ermittelt. So bildet das Vorklinische Institut der Universität Graz vorerst die Bildungsstätte. In zwei Jahren sollen die Linzer in einen provisorischen Campus in die Gruberstraße übersiedeln. Geplanter Endausbau: 2021. Für die künftigen Ärzte gibt es vorerst keine Grenzen. Oder?
Mitfahrbörse und Stammtisch
"Ich tausche meine Mitschrift gegen einen Platz im Auto", schlägt die 18-jährige Elisabeth Brandlmayr aus Gunskirchen vor. Sie hofft, in zwei Jahren auch wirklich in Linz zu studieren. "Eine längere Zeit in Graz ist bei mir nicht budgetiert", sagt sie. Mitfahrbörsen sind installiert, Studentenheime wurden frisch bezogen. Beim ersten Linzer Studenten-Stammtisch haben sich die Neuankömmlinge in der Grazer Bier-Factory ausgetauscht.
"Graz ist eine super Studentenstadt. Hier sind 25.000 Studenten, und rundum ist alles auf sie ausgelegt", fühlt sich der Lichtenberger Michael Kirschbichler herzlich willkommen. Der erste Weg führte den 23-Jährigen auf den Uhrturm. Nach dem großen Paukenschlag beim Gründerfest der Medizinischen Fakultät in Linz steht nun in Graz einschlägiges Pauken an. Im Wissen, etwas Besonderes zu sein. "Sie nennen uns Pioniere. Und ein bisschen fühlen wir uns doch wie Versuchskaninchen", vergleicht die 20-jährige Anna Brauner aus Pasching.
Ein Blick in den Hörsaal 1 des Vorklinischen Instituts: Das Verhältnis lautet 360 Grazer zu 60 Linzer Studierenden. Einige sitzen quer verstreut, eine große Abordnung hat sich links vorne zum "Linzer Eck" formiert, Unterschiede gibt es keine. "Das ist eine gewisse Ehre, hier zu sitzen", sagt Armin Windhager (19) aus Riedau. "Ich bin sehr gespannt, wie der Übergang nach Linz sein wird." Sein Nachbar Stefan Rechberger aus Walding merkt an: "Interessant wird sein, wie viele überhaupt Linz sehen werden. Jeder will es schaffen, zu den Ersten zu gehören." 2020 werden die ersten Dr. med. univ. aus Linz promovieren. Viele erhoffen sich, dadurch auch am Job-Markt die erste Wahl zu sein.
Dem Ärztemangel sei Dank!
Vorne am Rednerpult spricht Universitätsprofessor Gerhard Prause unabhängig von Linzer Startvorteilen den Ärztemangel an. "Sie haben so gute Karten wie in den letzten 30 Jahren nicht, einen guten Job zu finden – und Sie werden sich sogar ein gutes Gehalt aussuchen können."
Die Linzer Neulinge sehen viele zusätzliche Chancen. "Wir lernen zwei verschiedene Unis und zwei verschiedene Systeme kennen, dazu mehr Leute und Doktoren, die uns später weiterhelfen können", sagt Anna Brauner.
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