Fernseh-Sporteln als Beruf
LINZ. Über das Berufsbild des Buchmachers bei einem Wettanbieter.
Der bet-at-home-Teamleiter Live-Wetten David Wiesmayr sitzt vor drei Bildschirmen: Einen zum Verfolgen der Live-Übertragung, einen zum Festlegen der Quoten und einen dritten zum Live-Überprüfen des Wettmarktes.
Den ganzen Tag vor TV-Sportübertragungen zu verbringen und dafür sogar bezahlt zu bekommen, klingt für viele – vor allem junge Sportbegeisterte – nach einem Traumjob. Für Live-Buchmacher ist das stundenlange Fernseh-Sporteln ein Teil der Jobbeschreibung. Drei Fußballspiele, zwei bis drei Tennismatches, ebenso viele Basketball-Auseinandersetzungen oder bis zu fünf Beach-Volleyball-Partien pro Arbeitstag zu sehen und dabei hoch konzentriert die Wettquoten in Echtzeit an den Spielstand anzupassen, das ist die zweite Seite der Medaille.
"Die Sportbegeisterung ist jedenfalls wichtiger als die Mathematik-Liebe", sagt Chefbuchmacher Manuel Wellmann. Der 35-Jährige ist beim Linzer Anbieter bet-at-home jener Abteilungsleiter, der für 45 Buchmacher verantwortlich ist.
Viele der ausschließlich jungen Männer (Durchschnittsalter in der Abteilung 26 Jahre) haben eine aktive Leistungssport-Vergangenheit und das Interesse für diverse Sportarten ist allgegenwärtig.
Wettberuf für Nicht-Spieler
Buchmacher ist kein Lehrberuf. Angesprochen werden Maturanten oder Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung. "Bei uns durchlaufen die Neueinsteiger ein einjähriges Trainee-Programm, wo sie ein erfahrener Booky ein Jahr nicht aus den Augen lässt. Anforderungen sind ein gutes Gefühl für Zahlen, gute Computer-Anwenderkenntnisse, genaues Arbeiten und hohe Belastbarkeit", sagt Wellmann. "Am Anfang passieren natürlich Fehler. Aber mehrmals eine Zehnerstelle versehentlich falsch zu setzen, ist bei Live-Wetten fatal." Selbst gern zu wetten, ist hingegen keine Voraussetzung. "Ganz und gar nicht. Es wird Buchmachern nahegelegt, selbst nicht zu spielen."
Wie man realistische Quoten setze, sei gut erlernbar, sagt der frühere Tischtennis-Spieler und Go-Kart-Rennfahrer. "Die Bandbreite gibt der Markt vor, dazu kommt die eigene Erfahrung." Gestartet wird in der "langsamsten Sportart", das ist bei Live-Wetten Fußball. Auch bei Eishockey fallen nicht viele Tore. Anspruchsvoller ist da schon Tennis, wo mehr Punkte vergeben werden. Die Königsdisziplin ist Basketball. "Jeder Punkt wird begleitet."
Gut verdienen jene, die mit der Erfahrung immer besser werden. Los geht’s mit 1800 Euro brutto als Trainee, je nach Leistung kommen jährlich bis zu acht Prozent dazu. "Wir haben Kollegen, die das schon sieben, acht Jahre schaffen", sagt Wellmann.
Neben bet-at-home gibt es mit Sportradar einen zweiten Anbieter, der in Oberösterreich einen Sitz hat. Die Leondinger bieten ihr Wissen um Siegquoten aber nicht Privatkunden, sondern Wettbüros an.
Wellmann ist immer auf der Suche nach Nachwuchs. Ein Handicap beim Recruiting sind allerdings die Arbeitszeiten: Sportübertragungen finden oftmals am Abend statt, auch wird am Wochenende öfter gewettet. Das bedeutet im Schichtdienst Arbeitszeiten bis 23 Uhr – und einen Wochenend-Arbeitstag pro Woche. Im Frühdienst geht es zwischen acht und neun los.