Wer Hauptwohnsitz verkauft, zahlt keine Steuer: Aber wie viel Grund zählt dazu?

Von Alexander Zens   20.Mai 2017

Seit fünf Jahren gibt es die Immobilien-Ertragsteuer (Immo-ESt) in Österreich. Wer heute eine Liegenschaft verkauft, muss zwischen 4,2 und 30 Prozent auf den Erlös oder Gewinn zahlen. Steuerbefreit sind, wie berichtet, Hauptwohnsitze. Jedoch ist bis heute nicht klar, wie groß das Grundstück sein darf, damit es unter diese Steuerbefreiung fällt.

Ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) beschäftigt nun Anwälte und Notare. Es ging um den Besitzer eines Anwesens in der Steiermark. Er verkaufte seine Immobilie samt Grund und Boden. Die bebaute Fläche betrug 317 Quadratmeter, die Gesamtfläche 3646 Quadratmeter. Das Beispiel ist zwar ob der Dimension ein Außergewöhnliches, dennoch ist das Thema in ländlichen Gebieten Österreichs oft relevant.

In besagtem Fall war das Finanzamt der Meinung, dass die Befreiung nur für das Gebäude und einen Teil des Grundstücks – nämlich bis 1000 Quadratmeter – gilt. Diese Grenze steht in den Einkommensteuer-Richtlinien und gibt es schon länger. Ob sie wirklich anzuwenden ist, darüber scheiden sich die Geister, da sich im Gesetz keine Beschränkung findet. Der Steirer legte jedenfalls Rechtsmittel ein. Das Bundesfinanzgericht gab ihm Recht: Eigenheime seien laut Gesetz "samt Grund und Boden" Immo-ESt-befreit.

Der VwGH urteilte eher in Richtung erste Instanz: Es sei nur jener Grund steuerbefreit, der "dem begünstigten Eigenheim in jenem Ausmaß zuzuordnen ist, das üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist". Dieses Ausmaß erfolge "nach Verkehrsauffassung". Es hängt also vom Einzelfall ab.

Auch diese Entscheidung bringe keine definitive Klarheit, sagt der Linzer Anwalt Thomas Schweiger von der Kanzlei SMP: "Es wird darauf ankommen, wie die konkrete Nutzung aussieht." Wurde ein Grundstück, das 1200 Quadratmeter ausmacht, bis zum letzten Winkel gepflegt, könnte es ganz zum Haus zählen und befreit sein. Wurde ein Teil als Parkplatz dem Nachbarn überlassen, ist das wohl nicht der Fall.

Hat der Verkäufer die Liegenschaft einst als Ganzes erworben, könnte das zur Befreiung führen – eher nicht, wenn Teile später dazugekauft wurden.

Schweiger empfiehlt, dass Verkäufer und Anwalt oder Notar im Vertrag klar dokumentieren, wie Haus, Grund und Boden genutzt wurden. Auch sei ratsam, den Kaufpreis auf Haus und Grundstück aufzuteilen. Das alles könnte der Finanzbehörde als Orientierung dienen und damit die Steuerbemessung im Sinne des Verkäufers ausfallen lassen. Diskussions- bedarf kann es aber immer geben.