Der italienische Star-Designer lässt seine Gedanken zu Sofas werden

Für Edra entwirft Binfaré seit Jahren Sofas, die keiner Stilrichtung zuzuordnen sind. Jedes Sofa des 75-Jährigen ist anders. "Ich fange immer ganz von vorne an. Wie bei einem Sänger, der einen Gedanken hat, der nach draußen will", sagte Binfaré den OÖNachrichten, als er kürzlich beim Linzer Edra-Händler Klaus Hoflehner am Franzosenhausweg zu Gast war. Binfaré trällert seinen Blick auf die Welt nicht lauthals hinaus, sondern bringt ihn auf Papier und von dort in die Wohnzimmer.

Der gebürtige und bis heute überzeugte Milanese ist seit mehr als 50 Jahren in der Möbelbranche tätig. 1960 begann er für Cassina zu arbeiten, 1969 wurde er Direktor des Forschungszentrums der italienischen Edelmarke. 1980 gründete Binfaré ein eigenes Design- und Kommunikationszentrum, wo er gemeinsam mit Größen wie etwa Gaetano Pesce arbeitete.

Sofas sind die Leidenschaft des Italieners. "Als ich jung war, brauchte in Italien kaum jemand ein Sofa. Man saß an einem großen Tisch. Jetzt aber sind Sofas für die Kommunikation und Beziehungen zueinander wichtig geworden", sagt Binfaré. Dass er neben Sofas auch mit seinen Sesselkreationen (etwa für Magis) Bekanntheit erlangt hat, ist kein Zufall. "Ich mag Dinge, die mit dem menschlichen Körper zu tun haben. Die Verbindung zwischen Mensch und Objekt ist spannend – also der anthropologische Aspekt", sagt der Designer. Wie dieses Zusammenspiel aussehen muss, darüber hat Binfaré stets neue Vorstellungen.

Die geschwungene, aber klare Form des Sofas "Flap" etwa, die ihm nach eigenen Angaben einmal in einem Traum untergekommen ist, unterscheidet sich grundlegend von seinem "Sfatto". Sfatto ist die italienische Version der Redewendung "Ich bin fix und fertig". Das Sofa selbst bietet keine geraden Linien, ist ausladend und wuchtig. "Es sieht dekadent aus. So wie wir im Denken über unsere Kultur dekadent sind, weil wir sie für überlegen halten", sagt Binfaré. Sfatto sei ein Spiegel der Zeit.

Zeitloses Designtalent

Zeitlos dagegen ist das Designtalent der Italiener. Doch woher kommt es, dass Italien gemeinhin als Mutterland des Designs gilt? "Gehen Sie durch Florenz oder durch Mailand. Dort werden sie vollkommene Architektur finden, beeindruckende Werke. Wer in einer solchen Umgebung aufwächst, der absorbiert das", sagt Binfaré. Er selbst ist in Mailand in der Nähe von Santa Maria delle Grazie aufgewachsen, jener Kirche, deren Nordwand das Wandgemälde "Das Abendmahl" von Leonardo da Vinci ziert. Oft sei er dorthin gegangen und habe die Perfektion bestaunt.

"Wir Italiener sind überall dort talentiert, wo es eine lange Geschichte gibt: Kleidung, Möbel, Architektur und vieles mehr. In Bereichen mit kürzerer Geschichte, etwa der Technik, sind andere aber bedeutend besser – die Japaner etwa", sagt Binfaré. Ohne Zweifel aber ist, dass der Altmeister aus Mailand nicht nur aus einem Sofa, sondern auch aus einem banalen Computer eine Design-Ikone machen könnte.