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Wildromantisches Naturparadies im Indischen Ozean

Von Von Heimfried Mittendorfer, 03. April 2010, 00:04 Uhr
Wildromantisches Naturparadies im Indischen Ozean
Begräbnisstätte Bild: MIttendorfer

MADAGASKAR. Wer für Abenteuer im Urlaub etwas übrig hat und über ein ausgeprägtes Naturempfinden verfügt, für den ist Madagaskar genau das Richtige. Die viertgrößte Insel der Erde, ist etwa 8000 km Luftlinie von Mitteleuropa entfernt.

Antananarivo, von den Einheimischen kurz Tana genannt, liegt auf rund 1300 Meter Seehöhe und ist die Hauptstadt des Inselreiches. Sehr froh war ich darüber, dass im Hotel Bellevue der offene Kamin in Betrieb genommen worden war, so fiel mir im Juli die Anpassung an die kühlen Nächte des Hochlandes wesentlich leichter. Außerdem war ich von der jungen Serviererin angetan, die trotz größter kommunikativer Probleme es zu Wege brachte, mir Zahnstocher zu besorgen, noch dazu solche von der Größe XXL und der Marke „Super de Luxe“.

Im Vorbeigehen hatte sie nämlich ein Holzscheit, das neben anderen für die Feuerung vorgesehen war, entwendet und mir daraus rasch ein paar Zahnstocher geschnitzt.

Wer sich in Tana Sehenswertes in Form von Kulturdenkmälern erhofft, der irrt. Die Stadt hatte außer dem Rova, dem Königspalast, kaum etwas zu bieten. Im Jahre 1995 ist die gesamte Anlage ein Raub der Flammen geworden, der Wiederaufbau ist mit Hilfe der UNESCO weitgehend gelungen.

Der von Fremden früher gerne besuchte Zoma (Freitagsmarkt), der im Herzen der Unterstadt abgehalten wurde, ist einer Dezentralisierung und Splittung zum Opfer gefallen. Der Verlagerung des Marktgeschehens in mehrere Stadtteile Tanas sind klarerweise auch die Straßenkinder gefolgt. Diese meist in Kleingruppen agierenden, verwahrlosten Kinder sind auf den Märkten zu einem Problem geworden. Denn das anfängliche Umtanzen der Fremden, verbunden mit Betteln um Bonbons oder Geld, artet des Öfteren zu ungewollt wirkenden Rempeleien aus, bei denen immer wieder Taschendiebe ihre durchaus professionelle Fingerfertigkeit unter Beweis stellen.

Einen Abstecher nach Morondava, einem kleinen Ort an der Westküste, sollte man auf alle Fälle einplanen, denn an den Küsten des Indischen Ozeans findet man zum Relaxen beste Voraussetzungen. Dass ein Inlandflug von rund einer halben Stunde spannend sein kann, haben wir Passagiere uns nicht gedacht.

Personen und Gepäck wurden nach Besteigen einer Plattform gleichzeitig einer Gewichtskontrolle unterzogen, dabei kam man sich vor wie ein Reisebus, den man auf eine Brückenwaage dirigierte. Da es anscheinend bei der Fluggesellschaft einen akuten Mangel an Piloten gab, wurden wir ohne Kopiloten auf die Reise geschickt. Trotzdem ließ es sich unser Pilot nicht nehmen – nach erreichter Flughöhe und dank Autopilot – durch die Sitzreihen zu gehen und uns Süßigkeiten anzubieten.

Relaxen in Morondava

Das direkt an einem ausgedehnten Sandstrand gelegene Hotel „Les Bougainvillees“, versprach für die folgenden Tage einen gelungenen Aufenthalt. Schmale Wege verbanden die einzelnen Bungalows untereinander, gesäumt von riesigen Agaven, von Bananenstauden, – manche in Blüte – und von Christusdorn, der unüberwindbare Hecken bildete. Im Haus begrüßten uns einige Geckos, die von den Wänden und der Decke strahlten. Dass ihre Flirts und Liebesspiele von nicht zu überhörenden Pfeiftönen begleitet sind, durften wir des Nachts erfahren. Umhüllt und isoliert von einem zarten Moskitonetz, versanken wir bald darauf in erholendem Schlaf. Ich fühlte mich noch dazu absolut sicher in diesen vier Wänden, da bewaffnete Bodygards das nächtliche Eindringen Unbefugter mit Sicherheit verhindern würden.

Tags darauf stand eine Tour zu den nahen Trockenwäldern mit den spektakulärsten Sukkulenten Madagaskars, den Baobabs, auf dem Programm. Von diesen Flaschenbäumen, bei welchen nicht nur der äußerliche Vergleich mit einer Flasche, sondern auch der innere aufgrund des gewaltigen Wasserspeichervolumens treffend ist, soll es sieben endemische Arten geben.

Des Teufels Baum

Der Legende nach soll der Teufel den Baobab einst aus der Erde gerissen haben, um ihn dann mit den Zweigen voran in die Erde zu treiben, so dass die Wurzeln nach oben ragten. Da zwischen der Legende und dessen Aussehen sich durchaus Zusammenhänge erkennen lassen, erscheint die Bezeichnung „upside-down-tree“ auch gerechtfertigt. Von den Bäumen, die ein Alter von einigen tausend Jahren erreichen können, werden die Fasern der Borke zu Seilen verarbeitet. Dabei entsteht für den Baum keinerlei Schaden, da sich die Rinde regeneriert. Das hochwertige Holz sowie die bereits zum Teil vorhandenen inneren Hohlräume (Wasserspeicher) bringen aber auch gute Voraussetzungen für die Erstellung eines Einbaumes.

Die Trockenwälder des Westens und des Südens eignen sich aber auch vortrefflich zur ersten Kontaktaufnahme mit Lemuren. In Begleitung eines ortskundigen Guides war es möglich, Sifakas, eine der größten tagaktiven Halbaffenarten aufzustöbern. Bei diesen „Weitspringern“ unter den Halbaffen – Sprungweiten bis zu 10 Meter sind keine Seltenheit – kontrastiert die schwarze Gesichtsmaske zum sonst weitgehend hellen Fell. Die in Gruppen lebenden Tiere, die von den Weibchen dominiert, verfügen über einen nur langsam agierender Stoffwechsel, was ausgedehnte Sonnenbäder in den Morgenstunden notwendig macht, um den täglichen Energiehaushalt gewährleisten zu können.

Die Umgebung von Morondava ist vorwiegend Siedlungsraum der Sakalava. Ihre rechteckigen mit einem Holzaufbau versehenen Grabstätten und der damit verbundene Totenkult beeindrucken durch ihre Fremdartigkeit. Die zirka einen Meter hohen Gräber sind mit verschiedensten Schnitzwerken versehen, die Aufschluss über das Leben und die einstigen Qualitäten der Verstorbenen geben. Sehr häufig sind es erotische Holzskulpturen, die, wenn beispielsweise mit einem Riesenpenis versehen, zum Ausdruck bringen sollen, dass der Tote viele Frauen und Kinder besaß. Überdimensionierte Brüste hingegen bezeugen, dass die Tote für viele Kinder über ausreichend Muttermilch verfügte. Liegen viele gehörnte Bullenschädel auf der Grababdeckung, so handelte es sich um einen angesehenen Viehzüchter.

Die Toten werden in einem Grabtuch eingehüllt beigesetzt. In periodischen Abständen von mehreren Jahren ist eine Umbettung, eine sogenannte Wendung der Knochen nötig. Die gesamte Sippe ist zu diesem über mehrere Tage dauernden Fest dann geladen. Nach der Grabesöffnung werden die verbliebenen Knochenreste in ein neues kostbares Grabtuch gehüllt und vorübergehend mitten unter die Gäste gelegt. Beigestellte Fotos des Toten sollen die Erinnerung an ihn und die gedankliche Verbindung erleichtern.

Die Bevölkerung Madagaskars setzt sich aus 18 verschiedenen Volksgruppen zusammen, von denen die Merina die zahlenmäßig größte und die politisch einflussreichste Gruppe darstellt. Gerade bei ihnen lässt sich die malayo-polynesische Abstammung, bedingt durch ihre hellere Hautfarbe nicht verleugnen. Die Einwanderung dürfte gegen Ende des 1. Jahrtausends erfolgt sein. Dass man bereits damals Distanzen über mehr als 6000 km auf dem Seeweg zurücklegen konnte, hat die Sarimanok-Expedition (eine Kon-Tiki-ähnliche Expedition) Mitte der 80er- Jahre unter Beweis gestellt.

Neben Französisch, das nach wie vor nicht nur das wichtigste Unterrichtsfach in den Schulen ist, sondern auch wegen der engen Bindung zu Frankreich aus Wirtschaft, Verwaltung und Kultur nicht wegzudenken ist, kann sich Malagasy als zweite Amtssprache gut behaupten.

Die umfangreiche Gebirgswelt Madagaskars, über die man schützend den Mantel mehrerer Nationalparks gelegt hat, kann am besten in Form von Trekkingtouren erlebt werden. Überall ist man von der wildromantischen, nahezu naturbelassenen Landschaft zu tiefst beeindruckt. Wer über kein passendes Kartenmaterial verfügt, sollte allerdings die Planung und Führung einer Tour einem ortskundigen Guide übertragen, denn Schutzhütten und Markierungen sind in den seltensten Fällen vorhanden.

Zu einem hautnahen Naturerlebnis wurden die Wanderungen im Andringitra Gebirge. Dieses Massiv, das südlich von Ambalavao vom Pic Boby (2658 m), dem zweithöchsten Berg Madagaskars gekrönt wird, zählt zu den schönsten Naturlandschaften der Insel.

Nachdem ich mich einer vierköpfigen Gruppe inklusive Guide angeschlossen hatte, warteten abenteuerliche Flussüberquerungen per Einbaum oder watend zu Fuß auf mich. Eine sanft ansteigende, von Steppenböden getragene Landschaft führte uns allmählich an markante granitische Felsformationen heran. Euphorbien, Pachypodien, aber auch die verschiedenartigsten Aloenarten- die meisten davon endemisch – , finden hier beste Lebensbedingungen.

Bald hatten wir das letzte Bergdorf erreicht. Am Verhalten der Bewohner konnten wir deutlich erkennen, dass es bis jetzt kaum Besuch von Fremden, geschweige denn von Weißen gegeben hat. Voller Scheu und Skepsis wandten sie anfangs ihre Blicke von uns, allerdings nur so weit, dass es für sie gerade noch möglich war, uns zu beobachten. Unsere Zelte und deren Innenausstattung, insbesondere die Schlafsäcke hatten es ihnen angetan. Spiele und ein gemeinsames Abendessen brachten uns einander rasch näher. Nur die hereinbrechende Dunkelheit konnte uns diese freundlichen Bergbewohner entreißen.

Der Aufstieg zum Gipfel hatte es in sich! Scharfkantige Felsplatten, rutschiges Geröll und zu einem Dickicht verwachsene Dornsträucher setzten uns auf den letzten Höhenmetern hart zu.

Die Mühen des Aufstiegs

Doch die großartige Formenwelt dieses Gebirgszuges entschädigt für die Mühen des Aufstiegs. Die absolute Stille intensivierte unsere Eindrücke um ein Vielfaches. Tief eingeschnittene Täler öffneten sich nach allen Richtungen, in der Ferne war das Meer erkennbar. Tagaktive Geckos lagen auf den Stauden auf der Lauer, um durch Blüten oder Früchte angelockte Insekten zu verzehren.

Beim Abstieg kreuzte ein Chamäleon unseren Weg. Es ist einzigartig, diesen exotischen Farbwechsler, so nah und im typischen Wiegeschritt davonschleichen zu sehen.

Antsirabe, die zweitgrößte Stadt des Hochlandes, wird gerne wegen ihrer zahlreichen eigenwilligen Verkehrsmittel, Stadt der Pousse-Pousse (Rikscha) bezeichnet. Eine Rikschafahrt ist zwar billig und bequem, vermittelt aber das Gefühl, sich einen Sklaven engagiert zu haben. Der Wagen wird durch eine über die Schultern des „Taxlers“ gelegte Leine nachgezogen, wobei dessen Fortbewegung im Allgemeinen im Laufschritt erfolgt.

Ranomafana, das nächste Reiseziel, bewirkte einen klimatischen Sprung vom trockenen Westen in den feuchten Osten, begleitet von einem starken Kontrast gegenüber den bisher kennengelernten Landschafts- und Vegetationsformen. Ein unüberschaubares Regenwaldgebiet bedeckt das Umfeld von Ranomafana. Fahles Licht, ein geschlossenes Blätterdach, das über weite Strecken die Durchsicht zum Himmel verwehrt, schafft Orientierungsschwierigkeiten.

Die engen Kontakte mit Pflanzen und Tieren lassen jede Exkursion durch einen Regenwald zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Egal ob es sich um Orchideen, Lippenblütler, Epiphythen oder Ähnliches handelt, immer wieder fasziniert der Variantenreichtum und die Farbintensität dieser Pflanzen aufs Neue.

Es können auch die verschiedensten Lemurenarten sein, die Begeisterung wecken, wenn sie auf Grund ihrer Nachtaktivität mit riesigen Kulleraugen versehen, in den Astgabeln liegend, nur ab und zu ein Blinzeln für den unerwarteten Besucher übrig haben. Nur etwa zwei Prozent der zur Zeit etwa 18,6 Mio Menschen zählenden Bevölkerung Madagaskars leben in Verhältnissen, die mit mitteleuropäischen vergleichbar sind. Dazu rechnet man vor allem jene, die europäischer, indischer oder chinesischer Abstammung sind. Alle anderen existieren für die Konsumgesellschaft westlicher Prägung nur am Rande.

Zuerst ist man über diese statistischen Aussagen schockiert, unvorstellbar scheint alles für den Mitteleuropäer. Vor Ort findet alles seine Bestätigung.

Trotzdem ist zum Unterschied von anderen Entwicklungsländern das Betteln um Almosen – die größeren Städte ausgenommen – etwas Seltenes. Ich hatte sogar den Eindruck, dass die Menschen hier, trotz erbärmlichster Lebensweise, sich immer ein Quäntchen ihrer ursprünglichen Fröhlichkeit und Zufriedenheit bewahrt haben. Aber wie lange noch? Der immer stärker sich in Szene setzende Tourismus wird in absehbarer Zeit auch zu einer Veränderung dieser gesunden Lebensauffassung beitragen.

Reisezeit: Der Südwinter (Mai-Oktober) kann als beste Reisezeit angesehen werden. Abgesehen von den kalten Nächten im Hochland haben alle Regionen des Landes ein sehr angenehmes Klima.

Zeit: Zur MEZ + 2 Stunden;

Währung: 1 Euro entspricht etwa 3013,32 Malagasy Ariary

Gesundheit: Keine Impfungen obligat, für die Regenwaldgebiete des Osten Malariaprophylaxe empfehlenswert.

Visum: Österreicher benötigen für die Einreise ein Visum. Der Reisepass muss bei Ausreise noch mindestens sechs Monate
gültig sein.

Sprachen: Als Amtssprachen fungieren Madagassisch, Französisch und Englisch.

Religionen: 50 Prozent Anhänger indigener Religionen, 41 Prozent Christen.

Hauptstadt: Antananarivo

Fläche: 587041 km2

Einwohner: 18, 7 Millionen

OÖN-Leserreise im September

Die OÖN und Geo Reisen entführen Sie Anfang September (3. bis 16. 9.)
nach Madagaskar. Es geht quer über die wildromantische Insel: Durch den Regenwald, aufs Hochland, in die Hauptstadt Antananarivo, diverse Nationalparks, ins Isalogebirge...Informationen finden Sie unter: www. geo.at

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