Weise gehen in den Garten
Nicht nur für Gartenfreunde. Zwei Skulpturengärten, die sich ähneln, und trotzdem kaum unterschiedlicher sein könnten.
Nun, da wir wieder Gartenmöbel und -werkzeug aus dem Keller holen, erlauben Sie mir, Ihnen als Mittel gegen die noch nachwirkende gärtnerische Winterdepression zwei besonders sehenswerte und für sich einzigartige Gärten ans Herz zu legen.
Den Skulpturengarten von Sausmarez Manor in St. Martin auf Guernsey, der zweitgrößten Kanalinsel, zu besuchen, verlangt einem schon einige Anstrengungen ab. Aber die Reise lohnt sich. Hier ist das britische Weltmachts-Selbstbewusstsein auf Sommerfrische und Gelassenheit das Lebensmotto. Peter de Sausmarez, der Hausherr von Sausmarez Manor, erzählt launisch und mit funkelnden Augen von der royalen Vergangenheit. Aber halt! Der Garten soll heute unser Ziel sein.
Hier, wo der Golfstrom ganzjährig gemäßigtes Klima beschert, gedeiht ein üppiger Dschungel exotischer, ja paradiesischer Pflanzenvielfalt. Lediglich ein benachbarter Farmer kümmert sich, wie uns der Hausherr versichert, um den Garten, und so ist dieser auch ein Abbild des nicht enden wollenden und nicht zu gewinnenden Kampfes mit der Natur. Der besondere Reiz liegt daher im zerzausten Schopf der überbordenden Flora. Dschungelhaftes Dickicht wird nicht mit Gewalt zurückgeschnitten oder gar gerodet, sondern mithilfe von Holzbalken beiseite gedrängt, um den Weg freizugeben. Der Hausherr nennt das dann "lightly controlled wild garden".
Auf etwas morastigen Pfaden ducken wir uns unter vielerlei tropischen Stauden und Sträuchern durch. Fast widerspenstig, oft überraschend, gibt der Garten nach und nach den Blick auf die Kunstwerke einer kleinen, aber feinen Skulpturenausstellung frei, die sich über den gesamten Garten erstreckt. Wild wuchernde Pflanzen verströmen ihren Blütenduft, tragen exotische Früchte. Ein Spaziergang für alle Sinne, und so gibt es dann auch im kleinen Shop beim Ausgang allerlei veredelte Produkte aus dem Garten zu kaufen.
Wie Bad Ischl auf Italienisch
Seit der österreichische Tourist sich entsinnen kann, steht auf seiner Hitliste der Drang zum südlichen Nachbarn Italien ganz oben. Für viele war dabei die Gegend um den Gardasee als eine der schönsten Landschaften Mitteleuropas bereits italienisch genug, und so ist das auch bis heute geblieben. Die südwestliche Ecke des Gardasees zu besuchen heißt auch, den morbiden Charme eines noblen Kurbetriebes von vor hundert Jahren zu atmen. Es fühlt sich ein wenig an wie Bad Ischl auf Italienisch, nur dass Duce Mussolini an die Stelle von Kaiser Franz Josef tritt und ein anderer Geist der Vergangenheit über die Uferpromenade weht. Das schließt auch ein, dass im Spielzeuggeschäft ein Oldtimer-Cabrio mit Nazigrößen feilgeboten wird, wenn auch nur im Matchbox-Format.
Kunstgarten als Sozialprojekt
Hier in Gardone Riviera an den terrassenförmigen Hängen des Monte Lavino ließ der Zahnarzt, Naturforscher und leidenschaftliche Botaniker Arthur Hruska 1914 einen botanischen Garten anlegen. Und eben diesen hat André Heller 1989 zur Basis seines Projektes gemacht, indem er es schaffte, ihm neuen Zauber einzuhauchen. Skulpturen, geschaffen von weltweit namhaften Künstlern, wie Roy Lichtenstein, Keith Haring bis hin zu Heller selbst, entführen uns in eine Parallelwelt, in die man eintauchen und in der man sich liebend gerne verlieren will.
Die Gärten André Hellers sind aber auch immer zu einem Gutteil Sozialprojekte. Viele Menschen finden hier eine Perspektive, dem entsprechend arbeiten sich allenthalben Gärtner und andere gute Geister durchs Unterholz. Anders als auf Guernsey ist dieser Garten nicht nur gebändigt. Er ist in vielen Bereichen gezähmt worden. Die Pflanzen wirken dann gekämmt, fast so, als hätten emsige Hände die Blätter in Form gezupft. Durchzogen von pittoresk angelegten, teilweise künstlerisch gekachelten Pfaden entführt uns André Heller in eine Märchenwelt, in sein Panoptikum der Pflanzen und Künste. Immer wieder lockt ein Farbfleck, ein metallischer Schimmer, die künstlerische Bewegtheit eines Mobile hinter den nächsten Strauch oder an ein Wasserspiel. Immer weiter dringt man in den Garten – immer stärker wird man von ihm durchdrungen. Ein künstlicher Dolomitengipfel, angelegt mit der Liebe eines genialen Modellbaubastlers, gestattet einen Blick über nahezu die gesamte Anlage, in der etwa 3000 exotische Pflanzenarten gedeihen.
Nachbetrachtung im Freilicht-Café neben dem Kakteenhaus: Bei Kaffee, Kuchen und Eislutscher, alles streng nachhaltig und biologisch produziert, ist die perfekte Gelegenheit, die Eindrücke nachwirken zu lassen, ehe wir den Garten durch das aufwändig gestaltete Schmiedeeisen-Portal wieder verlassen, an dem uns sagenhafte Schlangen verabschieden.