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Entgiftungskur für Smartphone-Zombies: Ein Selbstbericht

Von Martina Mara, 27. Dezember 2016, 00:04 Uhr

In saisonal sehr stimmiger Manier zwingt mich eine höhere Macht diese Woche zur Selbsterfahrung in Digital Detox. Sie wissen schon, digitale Entgiftung.

Vielleicht ist es als Strafe für die kürzlich von mir verbreiteten Fake News zur Relation zwischen Glöckchen und eintreffendem Christkind zu verstehen, vielleicht hat es auch profan mit der verfrühten Obsoleszenz von Apfelhardware zu tun, aber jedenfalls ist mein Telefon kaputt. Genauer gesagt kann ich zwar noch eingehende Anrufe annehmen und den Wecker stellen (herzlichen Dank, mit Kleinkind im Haus herrscht da wirklich großer Bedarf #not), ansonsten ist von den Funktionen meines Smartphones jedoch nada verblieben.

Wer sich an die plötzliche Abwesenheit seines besten Komplizen bis dato so gar nicht gewöhnen kann, ist mein Gehirn. Da sitze ich mit Vanillekipferln am Küchentisch und denke: Mal schnell die Nachrichten checken. Im gleichen Atemzug tippt mein Zeigefinger am Handy herum. Aber geht natürlich nix. Ach ja, da war ja was. Drei Minuten später denke ich: Mal schnell die beste Freundin anskypen. Schon wieder der Finger am Handy. Geht natürlich wieder nix. Meine Güte. Ich hoffe, dass mich niemand beobachtet, und schiebe die temporäre kognitive Unterbelichtung auf ein Phänomen, das ich Phantom-Phone nenne. Mein Oberstübchen kann es einfach nicht glauben, dass unser alltägliches Körperanhängsel außer Betrieb ist. Es spürt die Spukgestalt des immer Dagewesenen, es fordert quasi sein Gewohnheitsrecht ein.

Das Phantom-Phone ist die fortgeschrittene Variante verwandter Symptome wie des Phantom-Läutens oder dem Phantom-Vibrierens. Studien zufolge sollen sich zwei Drittel aller Handybesitzer regelmäßig ein Klingeln in der Hosentasche einbilden, wo keines ist. Ich bilde mir dagegen eben gleich das gesamte Telefon ein. Wenn schon, denn schon. Anfällig bin ich mit meinem Gebrechen nun natürlich auch für andere Krankheitsbilder aus der Pop-Pathologie des gemeinen Smartphone-Nutzers. FoMO, der "Fear of Missing Out", zum Beispiel. Zu deutsch: die panikartige Angst, etwas zu verpassen, was online an neuer Information oder Missinformation verfügbar wäre.

Trotzdem werde ich mich der auferlegten Besinnlichkeits-Challenge gerne noch einige Tage lang stellen und die Dysfunktionalität meines Handys vorerst dazu nutzen, einmal nicht auf Schritt und Tritt vernetzt und "on" zu sein. Wann, wenn nicht jetzt, ist die richtige Zeit für digitale Entgiftungsexperimente? Und gegen ein Syndrom bin ich dadurch zur Freude meiner Familie mit Sicherheit gefeit: das des "Smombies", des Smartphone-Zombies, der durch den ständigen Blick aufs Telefon nichts mehr von seiner Umwelt mitbekommt.

Martina Mara ist Medienpsychologin und forscht am Ars Electronica Futurelab zur Mensch-Roboter-Beziehung

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