Scheingefecht der Schwiegermütter
Bevor Kathrein, altem Brauch gemäß, den Tanz einstellt, lädt sie noch einmal dazu ein – und im Brucknerhaus wird umgeräumt.
An diesem Tag löst sich die strenge Ordnung der Sitzreihen auf. Das Publikum sitzt rund um eine freie Fläche, der elegante Konzertsaal mutiert zum Tanzboden. Die Bühne bleibt leer, die Musiker spielen ohne Verstärker in Reichweite der Zuhörer und Tänzer. Lustvolles Musizieren schadet nicht dem Niveau, wenn nur die Richtigen am Werke sind. Bei "Musik der Völker" überzeugte das Mühlviertler Quintett, dem Saiten-, Blas- und Tasteninstrumente gehorchen und auch die Stimmen nicht versagen. Seine Version des Kuahmelcher-Jodlers, eines Prunkstücks alpenländischer Volksmusik, sorgte für Gänsehaut und andächtiges Staunen an einem ansonsten fröhlich ausgelassenen Tanzabend.
Das Prädikat "außergewöhnlich" verdient sich dieser Kathreintanz auch dank Pallawatsch. Diesen mit Wirrwarr gleichzusetzenden Namen trägt ein Wiener Klezmer-Ensemble mit prall gefülltem Vorrat an jiddischen Melodien und Tänzen. Tanzleiterin Eva Pankratz vermittelt selbst Ahnungslosen rasch die Grundbegriffe unbekannter Schrittfolgen.
Daraus entwickeln sich Tänze zu ebenso ungewohnten Tonfolgen, denn die osteuropäisch inspirierte, in ihrem Ursprung jiddische Klezmer-Musik kennt keine Tonleitern, wie sie uns in Fleisch und Blut übergegangen sind. Ihr Tonmaterial ist etwa in einer solchen "Skala" notiert: d - f - fis - g - a - b - c - d ... Klimpern wir’s am Klavier – was für eine spannende Tonreihe!
Zu solchen Tönen entspinnt sich der "Brojges-Tanz" (brojges = böse), ein pantomimischer Streit- und Versöhnungstanz der Brautmutter mit der Bräutigammutter. Er soll die Ahnen zweier Familien besänftigen, die jetzt durch eine Heirat verbunden werden. Was immer zwischen ihnen vorgefallen sein mag, wird damit für immer ausgeräumt.
Der Tanz verwandelt Aggression in Versöhnung – und ist ein köstliches Schauspiel für alle Umstehenden, wenn die beiden Schwiegermütter scheinbar aufeinander losgehen.