"Besetzungs-Sofas gab es immer"
Die große Mezzosopranistin Christa Ludwig feiert am 16. März ihren 90. Geburtstag.
"Alle sind sie schlank, alle haben lange Haare, die Nase ist gerichtet. Das mögen auf den ersten Blick Sänger ohne Fehler sein, aber es ist eben auch schrecklich uniform", sagt Christa Ludwig. Obwohl große Sänger durchaus von ihren Fehlern lebten. So wie Maria Callas, mit der Ludwig mehrfach gesungen hat: "Sie hatte wirklich nicht unbedingt eine schöne Stimme. Und ist trotzdem in jedem einzelnen Rezitativ, schon bei den ersten Tönen, absolut unerreichbar."
Knapp 50 Jahre lang war Christa Ludwig eine der führenden Mezzosopranistinnen der Welt, am Freitag wird sie 90 Jahre alt.
Als Tochter eines Sängerehepaars 1928 in Berlin geboren, spielte Musik bei Christa Ludwig von klein auf eine bedeutende Rolle. Ihre Mutter, die Altistin Eugenie Besalla (1899–1993), unterrichtete sie in Gesang, ihr Vater Anton (1888–1957) sang noch an der Seite des Startenors Enrico Caruso.
769 Aufführungen in Wien
Nach ersten Engagements in Hessen folgte Christa Ludwig 1955 dem Ruf von Karl Böhm an die Wiener Staatsoper. Dort wurde sie in Hosenrollen wie jener des Cherubino in Mozarts "Figaro" oder als Oktavian im "Rosenkavalier" schnell eine feste Größe – knapp 40 Jahre sollte sie obendrein Mitglied des Staatsopern-Ensembles bleiben (769 Aufführungen in 42 verschiedenen Partien).
Auf Dauer aber wollte Ludwig nicht der dumme Junge sein, sondern selbst zur "Marschallin" aufsteigen, eine Partie, die sie vor allem der zeitlosen, genialen Texte Hugo von Hofmannsthals wegen reizte. 1968 gelang ihr an der New Yorker Met in ebendieser Rolle ein sensationeller Erfolg unter Leonard Bernstein, der sie daraufhin als "simply the best" würdigte. Er war neben Karl Böhm und Herbert von Karajan der wichtigste ihrer Dirigenten.
"Besetzungs-Sofas gab es immer. Jede junge Frau hat das erlebt. Dann sagt man eben: ,Geh, lass es bleiben!’", sagte Ludwig in einem Interview zu ihrem runden Geburtstag in Anspielung auf die #MeToo-Bewegung. Und weiter: "Aber es gab eben, auch in der Filmwelt, Frauen, die unbedingt die Rolle wollten."
Obwohl sie ihr eine herausragende Karriere beschert haben, mag Ludwig gar keine Opern, "ich ging abends viel lieber weg." Dass ihre Stimme erotisch klang, habe nie daran gelegen, "dass ich mich erotisch gefühlt habe". Sondern an den vielen unerfüllten Sehnsüchten, die ein Sängerleben mit sich bringe. Ludwig: "Heute dagegen verstehen viele Sänger nur noch etwas von Sex. Und nichts von Erotik. Das führt auch zu nichts."
Mit Karajan verband sie vertraute Kindheitserinnerungen. Als sie sechs war, saß sie auf seinem Schoß. Sie erlebte ihn als "eher scheuen Menschen", kann ihren Eltern aber bis heute nicht verzeihen, dass sie das Mädchen drängten, einen Knicks zu machen, wenn der junge Maestro erschien.
Die Gefahren, die einer Stimme durch falsche Rollen drohen, vermied sie mit sensibler Konsequenz. Mitunter redete sie tagelang nicht und lehnte Rollen trotz verführerischer Angebote ab. Im Alter von 67 Jahren begab sie sich mit Schuberts "Winterreise" auf Welt-Tournee und war hervorragend bei Stimme. Ihre größte Entbehrung sei das nicht intakte Familienleben gewesen. Sie wollte immer eine gute Mutter sein, doch ihr einziger Sohn (Wolfgang Berry, *1959) habe die Oma öfter gesehen als die Mutter. (pg)
Brave Mädchen machten Knickse und Buben Diener! Das war auch in meiner Kindheit noch so. Christa Ludwig war auch eine sehr strenge Mutter, die ihren Sohn - es gab an der Staatsoper einmal ein "Kindersingstudio" - immer besonders hart angriff. Später studierte er dann am Konsi in der Johannesgasse Gesang. Er war ein sehr netter Studienkollege.
Sind Sie up to date, susisorgenvoll?
Was meinen SIE mit up-to date?
PS: ich hasste das Knicksmachen auch, aber das war im Grunde nix Schlimmes, oder? War halt ein damals übliche Gruß.
Besser als der 1938 bei uns eingeführte, den sie ja sehr wohl erlebt hat, ihrem Alter nach zu schließen ...
PPS: ich hatte mit Garantie trotz Knickses eine weit schönerer Kindheit als ihr eig.Sohn, der anscheinend von der Oma aufgezogen wurde, da Mama beruflich bedingt kaum Zeit hatte.
Hoffentlich hat er ihr das verziehen - Diener oder Knicks sind damit nämlich nicht zu vergleichen.
Eigentlich wollte ich nicht schon wieder einen Kommentar abgeben, aber zuerst zur Besetzungscouch: von der hörte ich schon als Kind, es wurde scherzhaft darüber gesprochen. Gab es immer und wird es wohl immer geben. Wobei viele nicht das Glück hatten, wenn sie Nein sagten, dass das Nein auch akzeptiert wurde - wie bei Fr.Ludwig.
Weswegen ich eigentlich poste, weil es mir hmmm seltsam erschien: über ihr 6jähriges Ich:
"kann ihren Eltern aber bis heute nicht verzeihen, dass sie das Mädchen drängten, einen Knicks zu machen, wenn der junge Maestro erschien."
Kann dazu nur sagen - solange die Eltern nichts Ärgeres verlangten. Solang ihr nix Ärgeres geschah - Prügel etc. Was soll diese Meldung?
Früher war es üblich, dass die Buben einen Diener machten / machen mussten. Die Mädchen machten halt einen Knicks.
Und alle gaben "das schöne Händchen" (*augenverdreh*).
> Solang ihr nix Ärgeres geschah - Prügel etc. Was soll diese Meldung?
Dadurch, dass mein Vater einen leibhaftigen Grafen zum Freund hatte, sollten auch bei uns solche Usancen gepflogen werden.
In diesem Artikel habe ich diese Meldung ein ganzkleinwenich ironisch gemeint gelesen.