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Ich bin dann mal offline!

Von Barbara Rohrhofer und Julia Evers, 10. Jänner 2018, 00:04 Uhr
Symbolbild Bild: colourbox

Mehr als fünf Stunden pro Tag verschenken wir unsere freie Zeit an Social Media, Online-Shopping, Fernsehen & Co. OÖN-Redakteurin Julia Evers gönnt sich den neuen Luxus der handyfreien Freizeit.

Online zu sein bestimmt unser alltägliches Leben. Für Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren ist das Internet mittlerweile die wichtigste Freizeitbeschäftigung. Freunde treffen kommt mit deutlichem Abstand auf Platz zwei.

Fast jeder zweite Jugendliche in Österreich gehört zu den "intensiven Nutzern", was bedeutet, dass täglich mehr als drei Stunden im Netz verbracht werden. Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen. Studien belegen, dass durch dieses Zuviel vor allem die soziale Kompetenz und die Kreativität leiden. Und nicht nur das: Die steigenden Nutzungszeiten bergen noch eine weitere Gefahr.

"Die Internetabhängigkeit legt weltweit zu. Auch in Österreich", sagt Primar Kurosch Yazdi, Vorstand des Kepler-Universitätsklinikums mit Schwerpunkt Suchtmedizin in Linz bei einer Veranstaltung des Hilfswerks OÖ. "Das Alter der Suchtgefährdeten sinkt. Wir behandeln schon Elfjährige, die ihren Internetkonsum nicht mehr unter Kontrolle haben", sagt Yazdi und erzählt von Kindern, die ausschließlich vor dem Computer sitzen. "Diese kommen auch nicht mehr zum Essen. Die verzweifelten Eltern servieren ins Zimmer und landen irgendwann in der Ambulanz für Verhaltenssüchte", sagt der Experte und erklärt, dass diese Sucht einen Unterschied zwischen Mädchen und Buben macht. "Junge Frauen werden abhängig von Facebook, WhatsApp und Twitter; Buben von Computerspielen wie zum Beispiel Ego-Shooter". Auch bei den Entzugserscheinungen gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede. "Frauen werden depressiv und ängstlich; Männer gereizt und aggressiv".

Neue Krankheiten wie die "Ringxiety"

Inzwischen gibt es sogar neue psychiatrische Krankheiten: Zum Beispiel die "Nomophobie", also die Angst, ohne Mobiltelefon unerreichbar für soziale und geschäftliche Kontakte zu sein. Ein weiteres Syndrom nennt sich "Ringxiety", Betroffene bilden sich ein, dass sie ständig angerufen werden oder die "Textraphrenie", der feste Glaube, das Mobiltelefon habe eine ankommende Nachricht signalisiert, in Wirklichkeit war aber nichts.

Neuer Luxus: Freizeit ohne Handy

Laut Untersuchungen entsperrt der durchschnittliche Nutzer sein Gerät pro Tag rund 80 Mal – also ungefähr alle zwölf Minuten, wenn man von acht Stunden Schlaf ausgeht. Bei der Umfrage der Ludwig-Maximilians-Universität München gaben 85 Prozent der Nutzer an, ihr Smartphone immer griffbereit zu haben. Etwa ein Viertel trage es nahezu rund um die Uhr am Körper. Wer dann plötzlich ohne Gerät zum Supermarkt oder ins Restaurant geht, fühlt sich erst einmal nackt. Es verunsichert kolossal, nicht jederzeit wenigstens die Möglichkeit zu haben, das Display zu begutachten. Wen wundert es da, dass es eine Gegenbewegung gibt, die sich "Digital Detox" nennt. Handy und Computer weniger zu nutzen, rangiert bei den Neujahrsvorsätzen mittlerweile ganz weit oben. Jeder sechste Deutsche gibt an, 2018 öfter offline sein zu wollen. Die Offline-Zeit gilt als neuer Luxus und wird auch schon kräftig vermarktet. Eigentlich grotesk. Der Trend, Handy und Laptop zu verbannen, kommt aus dem Silicon Valley, dem Ort, wo sich kluge Köpfe über noch bessere Apps und Smartphones den Kopf zerbrechen. Die Idee dahinter: Nach dem Handyfasten soll man sich wesentlich kreativer fühlen.

Einige Unterkünfte im Großen Walsertal, dem Bregenzerwald und dem Montafon haben sich in Vorarlberg dem Thema Urlaub ohne Smartphone und Internet verschrieben. Bergige Landschaften, weite Täler und einzigartige Architektur laden hier dazu ein, sich ganz auf die Natur einzulassen und das Handy zu vergessen.

Im Kurhaus der Barmherzigen Brüder in Schärding müssen Besucher ihre Handys abgeben. Dafür dürfen sie kneippen und mit Bewegung und bewusster Ernährung zur Ruhe kommen. In New York verbreitet sich ein neuer Trend in Restaurants: Sobald der erste Gang serviert wird, werden die Handys auf dem Tisch gestapelt. Plaudern, essen – ganz ohne das lästige Gepiepse scheint der neue Luxus zu werden, in einer Zeit, in der das Handy zum treuesten Begleiter des Menschen geworden ist. "Aber es gibt eine große Sehnsucht nach dem Weniger", analysiert Paul Eiselsberg vom Meinungsforschungsinstitut IMAS International in Linz.

Mein Handy gehört zu mir!

Zeit für Entwöhnung: Das Handy hat sich zu viel Platz im Alltag erobert. Jetzt startet der Selbstversuch des Handy-Fastens.

 

So praktisch, immer dabei, weiß alles: Mein Handy gehört zu mir, könnte ich in bester „Dirty Dancing“-Manier verkünden. Selten, dass ich mich von ihm trenne, selten, dass ich es ein paar Stunden vergesse, nie, dass ich mich nicht versichere, es in der Handtasche zu haben, wenn ich das Haus verlasse.

„Mama, wie viele Haare haben Menschen eigentlich am Kopf?“ fragen die Nachwüchse, während sie beim Friseur sitzen. „Drei Millionen ungefähr“, antwortet die Friseurin, doch ich befrage das Handy, und siehe da: „Blonde Menschen haben im Schnitt feinere, dafür aber auch die meisten, nämlich volle 150.000 Haupthaare. Schwarzhaarige und Brünette tragen auf dem Kopf dickere Haare, rund 100.000, während sich Rothaarige mit etwa 90.000 Haaren begnügen müssen“, verrät mir das Internet. Das sind die Momente, in denen man sich freut, ein mobiles Lexikon immer eingepackt zu haben.

Doch es gibt auch die vielen anderen. Die, in denen ich ein kleines Mädchen beobachte, das den Daumen nur kurz aus dem Mund nimmt, um sich die Hand vors Gesicht zu halten und angestrengt auf seine Handfläche zu starren.
„Ich habe ein Handy“, erklärt es eilfertig. „A geh, wozu brauchst das denn?“, frage ich. „Zum Schauen“, antwortet mir die Dreijährige mit größter Ernsthaftigkeit. Weil Handy-Schauen das ist, was ihre Mama oftmals während des Tages macht.

Und wahrscheinlich ergeht es ihrer Mutter wie mir und sie befragt und betatscht das mobile Gerät nicht nur, wenn es nötig wäre, sondern ständig zwischendurch. Weil irgendeine Whats-App-Nachricht Aufmerksamkeit verlangt, weil irgendeine Meldung im Weltgeschehen es wert scheint, gelesen zu werden, ein E-Mail beantwortet werden muss, weil ich „nur g‘schwind“ mal Facebook und Instagram durchscrolle. Ja, und manchmal telefoniere ich sogar mit dem Handy.

Das bringt mich allerdings nicht wirklich weiter. Weil es mich eigentlich nur sehr bedingt interessiert, was die Menschen zu Mittag essen und weil ich ohnehin nicht vorhabe, das zu kaufen, was all die Influencer auf Instagram ganz unauffällig als schick anpreisen. Ständig über die neuesten Nachrichten informiert zu sein, klingt gut – an vielen Tagen ist es aber auch nicht nötig, Entwicklungen halbstündlich zu verfolgen, was ja nur eine künstlich hochgeschaukelte Aufgeregtheit nach sich zieht.

Aus! Genug! Ich will wieder in die Gegend schauen und die Menschen um mich beobachten, anstatt die Kunstgeschöpfe im Social-Media-Universum zu bestaunen.

Ich will meinen Kindern ein Vorbild sein, und nicht unbedingt ein abschreckendes.

Ich will dieses Zucken in meiner rechten Hand besiegen und nur noch aufs Handy schauen, wenn es wirklich nötig ist.

Doch dazu braucht es den kalten Entzug, befürchte ich. Den Digital Detox. Die völlige Entwöhnung. Gleich geht es los. Ich werde versuchen, vom Handy loszukommen, die Sucht zu besiegen. Neujahrsvorsatz – ich komme!

Wenn Sie sich trauen, mit mir zu entwöhnen, schreiben Sie mir doch an j.evers@nachrichten.at

 

 

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